Zu zweit läuft's besser.

Strukturiertes Training – braucht man das?

Strukturiertes Training – braucht man das?
17. Januar 2012 Henrik

Ja! Wir sind ambitioniert, mindestens ehrgeizig. Wir nehmen gerne an Wettkämpfen teil und versuchen, uns zu verbessern. Der interne Wettbewerb der Running Twins trägt inzwischen nicht mehr so viel dazu bei –Marek hat den schon lange für sich entschieden– (zensiert von Marek), aber da ist ja immer noch die persönliche Bestzeit im Kopf. Allein dafür lohnt es sich, um jede Sekunde zu kämpfen. Oder nicht? Jeden Montag, Donnerstag und Samstag die gleiche 10 Km-Abendrunde in der immer gleichen Wohlfühl-Geschwindigkeit im Stadtpark des Vertrauens zu drehen, wird bei der Verbesserung der eigenen Leistungsfähigkeit nicht hilfreich sein. Um das mitzukriegen, muss der Läufer nur einmal eine Runners World diagonal gelesen haben. Ok, manchmal reicht auch schon das Deckblatt oder die Kolumne von Dieter Baumann. Ich träume immer noch davon, die 10 Km unter der Schallmauer von vierzig Minuten zu laufen. Ausgeschrieben sieht diese Zahl nicht ganz so grausam aus. Oder den Halben unter neunzig Minuten. “Ein klarer Fall für einen Trainingsplan!” schallt es aus so gut wie jedem Läufermunde. Spätestens hier scheiden sich die Läufer-Geister.

Marek meint:

  • Ein Trainingsplan bietet Struktur und Orientierung. In der Regel ist auf den Tag genau beschrieben, welche Einheit, welche Trainingsart (ja, die Vorbereitung auf einen Marathon besteht nicht nur aus Laufen) und welche Intensität angesagt sind. Das hängt natürlich im Wesentlichen von der Fitness und den Zielen ab. Will man “nur” seine Zeit über 10 Km verbessern, einen Halbmarathon erfolgreich beenden oder sogar den Marathon unter den magischen 4 Stunden finishen? Akronyme wie MRT, GA1, TP oder TDL bekommen plötzlich eine Bedeutung und sind aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Regelmäßiges Feedback von einem erfahrenen Trainer ist absolut sinnvoll, damit man nicht vom rechten Pfad abweicht und auch auf Verschiebungen flexibel reagieren kann. Bis jetzt sind wir die Dinge etwas unterschiedlich angegangen. Henrik trainiert schon länger mit der Running Company, einer Laufgruppe mit einer erfahrenen Trainerin Bianca Meyer. Von Läufer für Läufer – hier wird sowohl die Gemeinschaft als auch die individuelle Beratung groß geschrieben. Henrik hat sich mit Bianca auf den Berlin-Marathon im letzten Jahr sehr erfolgreich vorbereitet. Ich für meinen Teil laufe nun seit über 5 Jahren ohne Trainingsplan (ein Training habe ich in München mitmachen dürfen – war mir auch viel zu anstrengend :-)). Also auch ohne Struktur und Effizienz? Nun, damit macht man es sich ein wenig einfach. Wenn man schon eine Weile läuft, weiß man ziemlich genau, was man seinem Körper zumuten kann. Mit der Zeit kommt auch die Erfahrung, welches Training positive und negative Effekte auf die Leistung haben kann. Bei mir kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu, der einem Trainingsplan entgegensteht: bei einem 40h(+X)-Job und einer Familie mit zwei kleinen Kindern ist eine tagesaktuelle und abwechslungsreiche Trainingsplanung fast unmöglich. Ich versuche, den Arbeitsweg und die Mittagspause so gut wie möglich auszunutzen, um unter der Woche überhaupt ein paar Kilometer zu laufen. Auch am Wochenende bleibt meist nur der Abend übrig, damit die Familie nicht zu kurz kommt. Flexibilität ist folglich ein absolutes Muss bei mir. Ich bin skeptisch, ob ein Plan mir das bieten kann. Ich lasse mich gerne vom Gegenteil überzeugen! Das letzte Jahr hat mir gezeigt, dass mein Training quantitativ sehr dünn war – Verletzung inkl. – jedoch zeugen die Ergebnisse im Herbst von einer auch für mich erstaunlichen Effektivität. Ich konnte auf drei Distanzen meine Bestzeit deutlich steigern. Manchmal scheint eben weniger wirklich mehr zu sein. Der Marathon im Frühjahr wird spätestens zeigen, ob ich auf dem richtigen Weg bin – mit oder ohne Trainingsplan!?

Henrik meint:

  • Ganz klar, nicht jeder Läufer braucht einen Plan. Es sind vor allem die Einsteiger und die zielorientierten Läufer, denen ein detaillierter Trainingsplan weiterhelfen kann. Wer noch nie in seinem Leben mehr als 5 Km gelaufen ist, kann nicht einschätzen, wie schnell und vor allem wie genau das Training hochgefahren werden sollte. Nicht selten schrubbt der Einsteiger dann zuviele Kilometer weg und wundert sich über die einsetzenden Achilles-Beschwerden. Der Plan erfüllt hier die Funktion, einzubremsen, langsam aufzubauen und sich auf qualitativ hochwertiges Training zu konzentrieren. Dazu zählen auch Lauf-ABC, Dehnen und Alternativtraining. Und das erste Wettkampfziel (“Zehner unter einer Stunde”) kann so viel pointierter angegangen werden. Dann tauchen auch die bösen Intervalltrainings im Plan auf. Der Läufertyp “ambitioniert” greift gerne auf die detaillierte Wochenplanung zurück. Man muss sich einfach keine Gedanken mehr über die Trainings der kommenden Woche machen, sondern überträgt einfach die Termine in den Kalender. Ob morgens, mittags oder abends gelaufen wird, spielt keine entscheidende Rolle. Ich finde das einfach praktisch. Natürlich muss ich vorab kennzeichnen, an welchen Tagen ich gar nicht kann, wenn das Abendessen mit Mutti im Kalender steht. Das Aufschreiben des Trainingsprotokolls hilft mir, die Trainings der Woche zu reflektieren und ein Wochenfazit zu ziehen. Der Zeitaufwand der “Mitarbeit” ist nicht zu unterschätzen. “Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert!” sagte immer der Boss des A-Teams. Das kann ich unterschreiben. Das nächste Wettkampfziel bei mir ist aufgrund der Hartnäckigkeit meiner Verletzung, die ich seit Berlin mit mir herumtrage, noch unscharf. Der Marathon auf Gran Canaria fällt für mich definitiv aus. Im Frühjahr wird es also auf die 10 Km (Ziel: sub 40 min) bis Halbmarathon-Distanz (Ziel: sub 1:30h) gehen. Vorher geht es aber ins Laufcamp nach Lanzarote. Laufcamp? Ja, auch das kann zu einem strukturierten Training dazugehören. Eine Woche nur auf Laufen konzentrieren, das hat schon was. Ich war mit der Running Company im vergangenen September bereits im Höhentraining und denke, dass ich davon beim Berlin Marathon profitiert habe. So ein Laufcamp kann einen echten Schub bringen, wenn man die erforderliche Regeneration danach beachtet. Urlaub ist dafür erforderlich, aber wann hat man sonst die Möglichkeit, zwei Mal täglich zu trainieren? Sollte ich meine Verletzung in diesem Monat überstanden haben, werde ich mich weiter auf die Kombination von Trainingsplan und Laufcamp verlassen. Und dann schauen wir gemeinsam, ob die Laufziele für 2012 damit erreichbar sind.

Und ihr so? Wie haltet ihr es mit einem Plan? Falls ihr einen nutzt, bei welchem Anbieter und wie sind eure Erfahrungen?

5 Kommentare

  1. Willy England 12 Jahren vor

    Wie trainierst du denn so, Marek?
    Wie sehen typische Trainigswochen bei dir aus?
    Das würde mich mal interessieren.

    Mein eigener “Plan” ist eigentlich nur, dass ca. 70% der Läufe GA1 sein sollen. Das bedeutet praktisch, dass ich einmal die Woche irgendwas Schnelleres mache, Tempolauf, Intervalle o.ä. Evtl. auch mal einen Crosslauf durch den Wald.

  2. Hi Willi,

    mein “Plan” ist schon, dass ich unter der Woche Distanzen von 10-15km mache (davon mind. einmal Tempo) und am Wochenende einen längeren Kanten einschiebe (15-25km, in der Marathonvorbereitung auch mehr). Ich kann mich leider nur schwer einbremsen, so dass ich i.d.R. immer zu schnell unterwegs bin. Vor Wettkämpfen mache ich dann ein Intervalltraining (6×1000/4x2000m), um zu sehen, womit ich so rechnen kann…

  3. Markus Herrmann 12 Jahren vor

    Hallo Running Twins!

    Hmmh, irgendwie kann ich Eure beiden Standpunkte nachvollziehen.

    Zu Marek: Beruf und Familie, da muss man wohl wirklich abseits eines strengen Trainingsplans flexibel sein. Wenn man aber grundsätzlich Ahnung von Trainingslehre hat und seinen Körper gut kennt, kann das bzw. muss das so klappen. Dann baut man nen langen Lauf eben wirklich Samstags ein, wenn die Kids bei Freunden sind. Und nen schnellen Tempolauf in ner Mittagspause o.ä.

    Zu Henrik: so wie Du es beschreibst, hab ich meine eigenen Bestzeiten erzielt. Nur einfach so Laufen brachte mich nicht weiter (obwohl’s immer Spaß gemacht hat). Für den Marathon hab ich ein Trainings-Buch auf Empfehlung eines Kollegen benutzt und für den Halbmarathon ein Steffny-Buch. Witzig, Henrik: unsere Ziele (wahrscheinlich auch unsere Leistungsfähigkeiten) sind sehr ähnlich. Meine Marathon-Bestzeit datiert vom Mai 2010 in Regensburg mit 3:45:22 Std. Meine HM-Bestzeit hab ich im Mai 2011 beim Halbmarathon München im Olympiapark mit 1:29:58 Std. erzielt 🙂 Jessa!

    Und gerade bei der Vorbereitung auf den Halbmarathon hab ich echt gemerkt, wie sehr mich der Trainingsplan Woche für Woche fitter, schneller, ganz einfach besser gemacht hat. Ich kam teilweise wie euphorisiert nach Hause (gerade nach den zunächst verhassten Intervall-Tempoeinheiten), weil ich wieder fünf einzelne 1000er je in ca. 3:45 Minuten gelaufen bin. Kann’s auch grad momentan fast nicht fassen, als ich nochmal die Trainingsaufzeichnungen durchgesehen habe …

    Neben der echt messbaren physischen Verbesserungen beim Laufen gibt mir so ein akribisch absolvierter Trainingsplan auch eine unglaubliche psychologische Sicherheit mit auf die Strecke (denn “ich schaff’s nicht”-Gedanke kommt todsicher, auf jeder Distanz).

    Von daher: ich empfehle dem ambitionierten Läufer Traingspläne, je nach Geschmack aus nem guten Buch oder von ner guten Trainerin 😉

    Um unter die 4:00-Stunden-Grenze beim Marathon zu kommen, hab ich den entsprechenden Trainingsplan aus folgendem Buch benutzt: “Laufen bis zum Marathon” von Christof Baur und Bernd Thurner aus dem Knaur-Verlag.

    Für die 1:30-Stunden-Grenze beim Halbmarathon hab ich den 1:27-Stunden-Plan aus folgenden Buch hergenommen: “Optimales Lauftraining” von Herbert Steffny aus dem Südwest-Verlag.

    Für 2012 gilt’s jetzt erst Mal nach Meniskus-OP vom Dez. richtig fit zu werden (bin auf dem besten Wege). Werde mich 2012 ein bisschen mehr auf Triathlon konzentrieren (auch meinem Knie zuliebe). Für dieses Ziel möchte ich mich an Trainingsplänen aus der Zeitschrift “triathlon training” orientieren.

    Nichtsdestotrotz: am schönsten bleibt doch immer das Laufen 🙂

    Na denn, bin gespannt auf weitere Aussagen von anderen Läufern!

    Markus

  4. Andreas 12 Jahren vor

    Ich finde, wenn es an die Wettkampfteilnahme geht, dann sollte es auch schon ein Trainingsplan sein, der einen strukturiert und gezielt zur gewünschten Form führt. Aber die eigentliche Kunst ist es wohl für die meisten von uns, den Plan so in den Alltag zu integrieren, dass Familie und Beruf nicht zu kurz kommen. Und da muss dann eben nicht jede Einheit sein, bzw. ist Flexibilität gefragt. Bei mir gibt es immer „Winterferien“ (meist Mitte November bis Mitte Januar), in denen ich ohne Plan laufe, wie es mir so gefällt. Und dann startet die Saison wieder mit einem Trainingsplan für den Frühlings-Halbmarathon…

  5. Din 12 Jahren vor

    Dieser Beitrag ist doch tatsächlich irgendwie an mir vorbei gegangen, deshalb jetzt erst mein Kommentar dazu, denn ich finde das Thema wirklich spannend. Man kann sich sicher unter Laufreunden Stunden damit beschäftigen ob ein Plan sein muss und wenn ja welcher Sinn macht.

    Für mich kann ich ganz klar und absolut eindeutig sagen, dass ich Pläne liebe, aber nur, wenn ich etwas Besonderes vor habe, sprich an Wettkämpfen teilnehmen möchte. Ich habe es mit selbstgebastelten probiert, mit Büchern, mit Plänen, die aufgrund einer Laufanalyse erstellt wurden. Für mich ist aber mittlerweile sehr wichtig, dass ich einen Ansprechpartner habe, nicht nur um weinerlich mein Misslingen teilen zu können, sondern um auf fachliche Fragen eine Antwort zu bekommen – von einem Profi.
    Ich halte mich dann meist an diese Pläne auch wenn ich etwas flexibel sein möchte. Nicht jeden Tag ist mir nach einem 3h Lauf.
    Auf der anderen Seite ist nichts schöner, als den Tag außerhalb der Saison oder im Urlaub irgendwie sportlich zu beginnen. Wenn ich mich fit fühle, mach ich einen Tempolauf oder bin Stunden unterwegs, wenn nicht, dann eben nicht…

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