Von der Straße auf die Trails?

Ich habe in diesem Jahr einmal ein kleines Experiment gewagt. Die Saisonplanung für uns beide geht ganz klar in Richtung Berge und Trails (Rennsteiglauf, Mozart 100, Stubai Ultratrail, Berliner Höhenweg, Pyrenees Stage Run, O-See Ultratrail). Während Henrik mit dem Transgrancanaria und dem Laufcamp auf Lanzarote schon einige Kilometer abseits der Straße zugebracht hat, habe ich versucht, das Winter- und Frühjahrstraining auf die Straße auszurichten – mit dem Ziel, meine Marathon-Bestzeit aus 2015 anzugreifen. Kann das funktionieren? Dieser Ansatz kann nur eine Art Kompromiss zwischen beiden Welten sein, wobei für beide “Ziel-Terrains” Gemeinsamkeiten bestehen. Grundlagenausdauer ist in jedem Fall erforderlich und die schnellen Tempoeinheiten sollten gute Impulse geben, wenn es in Richtung Höhenmeter geht. Nicht umsonst werden kürzere Straßenläufe auch für Trailrunner in der Vorbereitung für sinnvoll erachtet, auch wenn es auf den ersten Blick widersprüchlich erscheint.

Natürlich – die Höhenmeter fehlen mir größtenteils und sind nicht so einfach mit alternativen Methoden ersetzbar. Wer gut die Berge hoch- und runterkommen will, der muss auch in den Bergen trainieren. Aber das ist für mich, der im Berlin/Brandenburger Flachland lebt, eben auch nichts Neues. Für alle meine bisherigen Transalpine Runs habe ich mich im Flachland vorbereitet. Einige Crossläufe können einem ein gutes Gefühl vermitteln, wie sich die Anforderungen im Gelände von dem Tempo-Gebolze auf der Straße unterscheiden.

Des Weiteren versuche ich etwas vielseitiger zu trainieren und habe nun auch das regelmäßige Krafttraining aufgenommen. Ich verspreche mir davon mehr Stabilität im Oberkörper, gerade wenn die Müdigkeit auf den langen Distanzen einsetzt. Besonders der Rücken ist meine Schwachstelle und auch die Verletzungsanfälligkeit wird sich (hoffentlich) auch reduzieren. Dass ich in dem Bereich ein großes Potenzial sehe, hat einen einfachen Grund: in meiner ganzen Zeit, in der ich aktiv laufe (seit nunmehr 17 Jahren) habe ich kein Krafttraining gemacht. Dass es eine sinnvolle Ergänzung ist, dürfte mittlerweile unumstritten sein.

Dass sich das Training für die Straße ausgezahlt hat, war an den Ergebnissen im Winter schnell erkennbar. Mitte Januar habe ich etwas Tempo aufgenommen und konnte gleich zu Beginn an meine 15km-Bestzeit heranlaufen. Zwei Wochen später hat es sogar zu einer neuen Bestzeit im Halbmarathon gereicht. Überhaupt hatte ich ein richtig gutes Gefühl auch im Training. Dann kam nochmal Corona vorbei, hat mich aber nur kurzzeitig aufgehalten. Rund 150 Laufkilometer fehlten dadurch allerdings im Februar. Anfang März habe ich ein 30km-Cross-Rennen versucht und war mit dem Ergebnis durchaus zufrieden. Auch der letzte lange Lauf vor dem Frühjahrs-Marathon hatte einen hohen Cross-Anteil. Der finale Test fand dann am 25.03. in Grünheide über die 50km statt (flach, 75% Straße, 25% Wald). Auch hier war ich noch nicht bei 100% meiner Leistungsfähigkeit, aber ich konnte meine Zeit aus 2018 um mehr als 2min unterbieten und das gesamte Rennen im sub3h-Marathon-Tempo absolvieren. So war ich zuversichtlich, dass die 1400km in 2023 auch für eine neue Marathon-Bestzeit am 23. April in Leipzig ausreichen würden. Quasi ein “Mitnahmeeffekt” auf dem Weg in die Berge.

Es hat so semi geklappt am Wochenende in Leipzig. Ich habe mich zu Beginn des Rennens sehr stark gefühlt und war klar auf Kurs 02:48h, musste dann aber auf der 2. Runde arg kämpfen und rettete die Bestzeit erst auf der Zielgeraden um lächerliche sieben Sekunden. Über Bestzeiten schimpft man nicht, ich hatte aber den Eindruck, dass ich mit einer besseren Renneinteilung wesentlich mehr hätte erreichen können. Das Potential war also da und Ausreden suche ich dafür auch nicht.

Bild: Marcus Krüger

Video: Baer Service

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