Unter Strom
Stabilisierungsübungen sind bei Läufern so beliebt wie Aufstehen am Montagmorgen. Immer wieder tauchen sie im Trainingsplan auf und nur nach längerem Ringen mit dem inneren Schweinehund wird die Stabimatte ausgerollt. Dass die Kräftigung der Muskeln wichtig ist für eine gute Haltung und für einen ökonomischen Laufstil, ist unbestritten. Nun hatte ich mich im Herbst 2012 aus dem Fitnessstudio verabschiedet, um mich mehr aufs Laufen zu konzentrieren. Zumindest dort hatte ich immer die Stabiübungen “mitgenommen”. Aber 2-3 Mal pro Woche zwei Stunden und mehr neben dem Lauftraining waren nicht leistbar, wenn man sich noch mindestens 8 Stunden am Tag in einem Büro aufhält.“Warum ständig trainieren, wenn 20 Minuten locker reichen?”
Das Werbeversprechen einer der großen EMS-Studios verfing sich logischerweise sehr schnell bei mir. 20 Minuten wöchentlich für ein Krafttraining? Hätte mich Katja-Maria nicht zu einem Probetraining geschleift, ich würde wohl auch heute noch darüber lächeln. Die durchgeführten Studien liefern leider (noch) nicht wirklich eindeutige Ergebnisse. Und so zog ich mir im Sommer die feuchtwarme Weste mit vielen Drähten an, um den Effekt der E-l-e-k-t-r-o-M-u-s-k-e-l-S-t-i-m-u-l-a-t-i-o-n zu probieren. Bei Spiegel Online gab es einen schönen Artikel dazu, der meine Neugier noch steigerte. Das erste Gefühl ist schon befremdlich. Die Stromstöße sind “Impulse”, die 10 Sekunden dauern. Danach folgt eine ebenso lange Pause. Zuerst lernt man die sog. “Grundposition”, denn die Impulse sollte man nur mit angespannter Muskulatur über sich ergehen lassen. Der Trainer turnt die Übungen vor, die jeweils für ein paar Impulse wiederholt werden. Da sind die üblichen Verdächtigen drunter, z.B. der “Superman”. Für alle Muskelgruppen sind Übungen dabei. Ausatmen muss man bei Belastung auch noch. Es ist wie bei einem 5 Km-Lauf: die 20 Minuten wollen einfach nicht enden. Natürlich muss man selbst gut mitarbeiten und die Muskeln immer schön anspannen. Jede Muskelgruppe ist über das Foltergerät gezielt ansprechbar, der Trainer kann die Stärke des Impulses steuern. Masochisten fordern einfach “mehr Strom”.
Was definitiv zurückbleibt, ist brutaler Muskelkater am Tag danach. Ob das ganze langfristig wirklich den gewünschten Effekt hat, probiere ich seit Herbst im Langzeitversuch. Das Konzept ist überzeugend, die Mittagspause reicht aus für die wöchentliche Einheit. Ersetzt EMS-Training die Stabi-Übungen? Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich das schwer einschätzen. Ich sehe das Training als Ergänzung zum Laufen. Als alleiniges Fitnesstraining würde ich nicht ausschließlich auf EMS setzen. Ob eine Stärkung der Muskeln eingetreten ist, checkt das Studio übrigens alle 6 Monate mit einer “Körpervermessung”. Na ich bin gespannt.