2020 ist noch jung. So richtig viel Spektakuläres gibt es auch noch nicht zu berichten. Henrik ist nach dem letzten Lanzarote-Laufcamp mit der Running Company Ende Januar aufgrund von Shin Splints außer Gefecht und macht wohl gerade die längste Laufpause seines Lebens. Der geplante 125km-Transgrancanaria in 2 Wochen ist damit wohl schon vor dem Start Geschichte. Bei mir lief es etwas besser und vor allem auch verletzungsfrei. Ich konnte im Januar nach 2018 wieder den RunnersWorld #rwJanuarStreak erfolgreich durchziehen. 31d lang laufen, es war eine große Herausforderung für mich. Interessanterweise gewöhnt sich der Körper recht schnell dran und sowas wie Muskelkater kenne ich durch die regelmäßige Lauferei schon lange nicht mehr. Es war eher das ständige zeitliche Dilemma, zwischen Vollzeitjob, Familie und Sport zu jonglieren. Aber irgendwie habe ich das hinbekommen und konnte 425km verbuchen, für den Januar schonmal ein solider Anfang und eine gute Basis, für das, was da hoffentlich noch kommt!
Der erste Ultra 2019 führte mich an den schönen Plauer See in Mecklenburg. Der mittlerweile gut etablierte Fishermanstrail findet dort zweimal im Jahr statt. Es geht einmal um den ganzen See, im Februar (Winter-Edition) und im Sommer (Sommer-Edition). Und die Runde hat es in sich, ist der Plauer See doch mit über 38km^2 der siebtgrößte in unserem Lande. Mit einem schnöden Marathon ist es hier folglich nicht getan: stolze 57km misst die im Laufe der Jahre optimierte Route. Kein Bambini-Lauf, kein Halbmarathon – alles oder eben nix lautet die Devise. Holger und Hans-Werner organisieren das Ganze vorbildlich und achten darauf, dass der familiäre Charakter, der viele Wiederholungstäter hervorruft, auch erhalten bleibt. Lange Rede, kurzer Sinn: nachdem ich also 2019 am Start war und dort jämmerlich eingebrochen bin, wollte ich es dieses Jahr besser machen und meldete im Januar. Diesmal standen die Vorzeichen auch wesentlich günstiger.
Die Wetterbedingungen waren grundverschieden: während es 2019 noch sehr kalt und sonnig war, fegte am Samstag ein ordentlicher Wind über den See, verbunden mit einigen Regenschauern. So trug es sich zu, dass auf dem Weg nach Süden vermehrt Gegenwind pustete, während es dann auf dem Weg nach Norden deutlich angenehmer wurde. Ich wollte mich primär auf mein Rennen konzentrieren und war gar nicht so auf die Zeit oder Platzierung fokussiert. Trotz verhaltenen Beginns fand ich mich schnell vorne wieder und nach 3km war ich dann ohne großes Zutun vorne. Dann sollte es eben so sein.
Die ersten 20km führen genau am Wasser lang, teilweise findet sich schweres Geläuf und auch einige umgestürzte Bäume säumten unseren Weg, der den Namen “Trail” durchaus verdient hat. Ich bog zwei-, dreimal falsch ab, hatte den GPS-Track aber auf der Uhr und wurde recht schnell auf meinen Navigationsfehler aufmerksam gemacht. Ich schaute mich nicht um, aber offensichtlich war niemand gewillt, meinem (taktisch viel besserem) Tempo zu folgen. Der zweite VP liegt auf einer ansteigenden Pendelstrecke, hier konnte man gut den Abstand nach hinten beurteilen – als ich wieder auf die eigentliche Strecke bog, hatte ich niemanden getroffen, also war ordentlich Luft. Weiter ging es ins Tal der Eisvögel, hier wurde ich vorgewarnt, dass die Strecke sehr schmierig sei.
Nun wurde es um einiges hügeliger, die Passage zog mir 2019 so dermaßen den Stecker, ich horchte genau in mich hinein und versuchte immer, nicht mit zuviel Druck zu laufen, um noch ein paar Körner zu sparen. Und es wurde auch zunehmend schwerer, bis Plau am See zieht es sich ordentlich, der tote Punkt bis zur Halbzeit des Rennens kam unweigerlich. Bis zum dritten VP war es noch ziemlich weit, also schnupfte ich ein Gel, es half nur bedingt. An der Bundesstraße lag ich vor einem Jahr im Graben und bereitete mein DNF vor, als mich Stefan locker trabend überholte. Die kurzen Richtungswechsel mit erneutem Gegenwind waren jetzt brutal und ich kämpfte mich mit letzter Kraft zum VP3. Die kurze Pause und die Cola taten mir gut. Der Wind war so stark, dass es keinen Becher auf dem Tisch hielt. Ich ging langsam weiter, hinter mir war immer noch niemand zu erkennen. Die folgende Passage ist eher dröge und führt nicht direkt am See lang, aber ich war wieder halbwegs auf dem Dampfer und frohen Mutes, dass es diesmal keinen Einbruch geben sollte.
Die Passage an der Straße gab feinsten Rückenwind, es rollte wieder ganz passabel. Leider mussten wir nochmal über freies Feld in die andere Richtung. Da war der Spaß dann vorbei: der Wind fegte von vorne und man war gefühlt nur im Gehtempo unterwegs. Die drei Kreuze nach dem erneuten Richtungswechsel waren dann eine Wohltat. Mit Kurs auf VP4, ca. 11km vor dem Ziel, legte ich immer wieder kurze Gehpausen ein und zog diese Taktik dann bis zum Ende durch. Muskulär war alles in Ordnung und als ich auch nach VP4 alleine weiterzog, war ich sehr zuversichtlich, das Rennen auch als Führender beenden zu können. Es ging nochmal in den Wald, mit teils ansteigenden Passagen, ich versuchte, den Druck rauszunehmen und nicht mehr 100% zu laufen. 4km vor dem Ziel bogen wir auf die Hauptstraße ein, der Weg führte am Wasser direkt zur Fischerei zurück. Ich traute meinen Augen kaum, als 100m vor mir ein weiterer Läufer (von der Hauptstraße kommend) in mein Blickfeld kam. Er musste eine kreativere Route bei der Waldpassage genommen haben. Für alle Neulinge lohnt sich definitiv der Blick in die Trailmap und das vorabendliche Briefing… Vielleicht kann man auch an der Markierung noch ein wenig optimieren.
Ironischerweise bog Tobias dann nicht auf den Uferweg, sondern lief oben weiter. Ich folgte ihm erst, korrigierte den Fehler dann mit einem kurzen Downhill über den Abhang. Und so lief ich unbemerkterweise wieder an ihm vorbei. Mein Ziel von 04:30h verfehlte ich um gute 15min, aber ich war dann doch froh, dass nach 04:44h das Rennen für mich ein versöhnliches Ende fand. Da Holger selbst noch auf der Strecke war und ich wieder fix die Heimreise antreten musste, konnte ich auch nicht zur Siegerehrung bleiben.
Der Fishermanstrail – ein kleiner Geheimtipp für alle, die in der Natur unterwegs sein wollen und im Februar einen längeren, auch anspruchsvolleren, Lauf machen wollen. Das Wetter ist immer eine Wunderkiste, auf die man sich richtig einstellen muss. Ich werde wohl nicht zum letzten Mal den Plauer See umrundet haben.
Alle Bilder wurden von Eli Knobloch gemacht, vielen Dank dafür!
3 Kommentare
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Na dann mal herzlichen Glückwunsch zu wohlverdienten Sieg! 🙂
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Taktisch sehr gut gelaufen, man merkt, dass du Erfahrung gewonnen hast. Die Strecke scheint ja wirklich anspruchsvoll zu sein und eine 5er Pace muss man auch erstmal bei Wind und fiesen Steigungen laufen. Chapeau!