Markierte Fotos – 18

Wer ein Trailrunner werden will

Der muss die Königsseerunde laufen. Unter den Szenekennern ist die ca. 36 Km lange Strecke um den Königssee im Nationalpark Berchtesgaden schon Kult. Als ich im letzten Jahr den Bericht der mutigen Truppe um Tom, Steve und Stefan in der RunnersWorld gelesen habe, war ich mir gleich sicher: das willst du auch. Auf unserer Zugspitzbesteigung vor vier Wochen haben Stefan und ich beschlossen, die Runde am Samstag anzugehen. Im letzten Jahr hatte ich mir das wohl noch nicht zugetraut, zu abschreckend wirkten die Berichte über brutale Steige und Downhills, die jeden kleinkriegen. Aber was schert mich das Geschwätz von gestern. Philipp Reiter hält einen unfassbaren Rekord auf dieser Runde von 4:17h. Wir wären schon froh gewesen, das in der doppelten Zeit zu schaffen. Zum Glück wusste ich nicht wirklich, worauf ich mich da eingelassen hatte, als wir um kurz nach 8 an der Jennerbahn auf die Runde gingen.

Wie heißt diese Steinwüste?

Markierte Fotos – 01Es regnete. So richtig störte uns das nicht, noch nicht. Schnörkellos liefen wir los, die Schilder wiesen auf die Königsbachalm hin, ein erster Meilenstein. Der Weg ging nach oben mit noch moderater Steigung, erst Straße, dann Forstweg, man sollte hier die Oberschenkel schonen angesichts dessen, was noch kommt. Laufend und walkend im Wechsel schraubten wir uns hoch von ca. 650 auf 1.300 Meter. Vorbei an der Priesbergalm, wo es endlich mal laufbare Trails gab, steuerten wir direkt in das Hochgschirr. Der Regen wurde immer mehr und mit jedem Meter, den wir nach oben kletterten, verließ mich die Motivation. Ich hatte in Erinnerung, dass wir bis auf fast 2.000 Meter müssen, erst dann würde es runtergehen. Die Füße waren längst nass, unvermeidlich bei den Matschwegen. Die Salomon S-lab Sense erwiesen sich längst als Fehlgriff für diese Bedingungen. Durch Steinwüsten kraxelten wir hoch. Wohlgemerkt, Stefan vorneweg, dann wartend, fotografierend, ich nach einer endlichen Zeit wie ein Häufchen Elend hinterher. Handschuhe und Mütze waren durch. Wie lange dauerte das? 2 Stunden? 3 Stunden? Gefühlt unendlich. Dann kam so ein Gipfelkreuz und Stefan benannte den “höchsten Punkt der Runde”. Uffz. Zu sehen gab es außer Nebelwänden hier sowieso nichts. Also nichts wie runter.

Wir laufen mal ein Stück

Es dauerte nicht lange und ich legte mich galant hin, irgendwann musste es passieren. Mund abputzen, weitermachen. Der Trail durch das Landtal ist sicher gut zu laufen, wenn, ja wenn dieser Regen nicht gewesen wäre. Wir mussten hier vorsichtig sein. Runter zum Obersee hörte dann der Regen endlich mal auf und ich fasste wieder Mut. Markierte Fotos – 15Abschnittsweise kamen wir jetzt richtig flott voran, wurden aber immer wieder durch Kletterpassagen und Sturzbäche ausgebremst. Der Obersee war richtig gut zu sehen und es klarte auf – hatten wir doch noch Glück heute? Der Röthbachfall ist ein beeindruckender Wasserfall, der sich in voller Schönheit präsentiert. WOW! Nun aber schnell weiter bis zum Ufer des Königssees, der sich vor uns in seiner Pracht zeigte. Vereinzelt kamen uns schon Wanderer entgegen, die von der Saletalm kamen. Bartholomä mit seiner kitschigen Kirche war bereits in Sicht. “Sieht ja nicht mehr weit aus!”

So etwas nennt man Viehtriebsteig?

Markierte Fotos – 09Am Ufer kann man am Königssee nun mal selten laufen, also steuerten wir links vorbei über eine matschige Wiese zu einem “Weg”, den aber nur Stefan als das erkannte. Es ging gleich wieder ordentlich nach oben, weg vom See. Unterwegs kamen sogar Stefan Zweifel, ob wir richtig sind. Es sind “nur” 300 Höhenmeter, die sich aber wie Kaugummi zogen. Man stößt dann auf einen Wanderweg, die Saugasse, die mit 30 Serpentinen runter zum See führt. Markierte Fotos – 11Gut zu laufen, endlich wieder einkuppeln und die Beine locker machen. In Bartholomä wurde der Regen nun wieder stärker und ich gab die Hoffnung auf, heute nochmal zu trocknen. Ich merkte bei einer Cola, dass ich meine Ambit2 nach 4,5 Km aus Versehen angehalten hatte und fragte Stefan, wieviel Strecke denn noch bis zum Ziel seien. “Zwei Drittel haben wir, vielleicht auch drei Viertel.” Die verwunderten Blicke der japanischen Touristen unter ihren Regenschirmen hatten wir sicher. Es war 13:30 Uhr, wir lagen erstaunlich gut in der Zeit.

Das Beste zum Schluss

Markierte Fotos – 12Natürlich ging jetzt nochmal die Post ab. Immerhin wurde ich wieder warm. Der letzte Abschnitt der Königsseerunde führt über den Rinkendlsteig nochmal auf 1.450 Meter. Hier ist es empfehlenswert, noch Reserven zu haben. Teilweise wird es abenteurlich steil und die Gedenktafeln für abgestürzte Wanderer wirken nicht gerade motivierend. Die Steige sind gesichert und die Gefahr, dass man sich beim Blick auf den See vertritt, war gering – man sah den See sowieso nicht. Ich ergab mich in mein Schicksal, was blieb auch anderes übrig, wollte ich die Runde unbedingt zu Ende bringen. Die Konzentration musste gehalten werden und abschnittsweise hat es sogar Spaß gemacht. Markierte Fotos – 22Unterwegs erzählte mir Stefan, dass der Steig auch “Scharfrichter” genannt wird. Warum, war nun kein Geheimnis mehr. Irgendwie habe ich inzwischen verdrängt, dass wir mindestens 90 Minuten da hoch brauchten. Eine brutale Passage, die Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und ein gutes Einschätzungsvermögen der eigenen Kräfte erfordert. Wer in Bartholomä völlig hinüber ist, sollte das Boot nehmen. Die Kührointalm ist der letzte Meilenstein, ab hier führen gut geschotterte Wege runter zur Rodelbahn am Königssee. Stefan schwebte hier runter, während ich meine Oberschenkel mehrmals bat, mir das alles irgendwann zu verzeihen.

Wer ein Trailrunner werden will

Der muss die Königsseerunde laufen. Aber nicht bei Regen. Die Runde ist einfach irre und bietet ein einzigartiges Naturerlebnis in der Bergen des kitschig schönen Berchtesgadener Landes. 50-60 Km in der Ebene sollte man ohne Probleme am Stück laufen können, bevor man sich an die königliche Runde wagt. Danke an meinen Leader Stefan, ohne den ich das Abenteuer nicht gewagt hätte. Wir machen das nochmal bei Bedingungen, die dem König der Trails angemessen sind. Bis dahin lecke ich die Wunden. Krasses Ding!

Ausrüstung:

  • Mütze: Odlo Cap Polyknit Fan
  • Handschuhe: Nike Stormfit
  • Jacke: Skinfit Pfafflar Hybrid Jacket
  • Hose: Salomon S-lab Exo Short Tight
  • Beinlinge: Salomon Exo Calves
  • Schuhe: Salomon S-lab Sense 3
  • Trinkrucksack: Salomon Advanced Skin 5
  • GPS-Uhr: Suunto Ambit 2S