Fast 3.000 Finisher bei der Challenge Roth, der weltgrößte Triathlon auf der Langdistanz. Der ZUT, nach eigenen Angaben das “größte Ultratrail Event Deutschlands”, zog 2.500 Sportler in die Alpen, um Distanzen von bis zu 100 Km bei durchaus schwierigen äußeren Bedingungen zu laufen. Am Wochenende geht die Premiere des “Alpen X 100” über die Bühne, die erste nonstop-Überquerung der Alpen im Wettkampfformat. Der Transgrancanaria lockt im nächsten Jahr mit einer neuen, 265 Km langen Strecke. Trailrunner Denis lief 2.000 Km in 6 Wochen von München zur türkischen Grenze, Julia Böttger kreuzte im Rahmen des Transpyrenea die Pyrenäen vom Atlantik bis zum Mittelmeer auf fast 900 Km. Neue Events schießen aus dem Boden und als hätte die Gemeinde nur darauf gewartet, wird noch eins draufgesetzt. Während die einen den Kopf schütteln, haben die anderen schon das Anmeldeformular ausgefüllt. Es geht immer mehr. Bei den klassischen Volksläufen sind die Teilnehmerzahlen seit Jahren rückläufig, besonders der Marathon verliert Teilnehmer. Trailrunning- bzw. Ultralauf-Veranstaltungen boomen.
Langdistanz, Ultratrail, 24h-Lauf, 100 Km im Stadion – es scheint eine große Sehnsucht nach den extremen Herausforderungen im Ausdauersport zu geben. Und damit bedienen die Veranstalter eine logische Nachfrage. Gesellschaftliche Phänomene wie der enorm hohe Leistungsdruck und der schon zur Dauererscheinung gewordene “Stress”-Zustand spiegeln sich wider in unserem Sport. Es gibt einige Statistiken, nach denen Führungskräfte besonders ehrgeizig und erfolgreich in Ausdauerwettkämpfen sind. Die Materialschlacht ist unter den Trailrunnern nicht ganz so groß wie im Triathlon, aber auch hier sind die Entwicklungen nicht zu übersehen. Wo kann man denn die neue 800 EUR-GPS-Uhr vorbestellen? Die wasserdichte, ultraleichte Jacke für 300 Euro kommt in den Trinkrucksack, den Scott Jurek persönlich designed hat. “Testimonials” wie Kilian Jornet befeuern durch Ausnahme-Leistungen immer wieder den Hype und die Leichtgläubigkeit, dass jeder alles schaffen kann – mit der richtigen Ausrüstung.
Wir nehmen uns nicht aus von dieser Entwicklung. Die Strecken werden keineswegs kürzer. In zwei Wochen versuchen wir, zusammen 100 Meilen zu laufen und Anfang September folgt mit dem Transalpine-Run unsere bisher größte Herausforderung mit 250 Kilometern in sieben Tagen. Wir haben vor beiden Events großen Respekt. Die eigenen Grenzen kennenlernen, eine gleichmäßige, körperlich fordernde Tätigkeit ausüben, den Rest der Welt ausblenden, ganz aufgehen in dem, was man tut. Alles so nachvollziehbare Wünsche in einer Welt, die jeden Tag aufs Neue Schreckensmeldungen produziert und eine Informationsflut, mit der wir irgendwie umgehen müssen. Deshalb ist die große Sehnsucht nach den extremen Herausforderungen weder gut noch schlecht, sie zeigt lediglich unser Bedürfnis, sich wieder auf Wesentliches, Einfaches und Machbares zu besinnen.
Übrigens, den Läufer Heinrich interessiert dieser ganze Hype überhaupt nicht. Ich habe ihn gestern seine übliche Runde um den Block drehen sehen.
3 Kommentare
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Ich finde, jeder sollte sein Ding machen. Allerdings finde ich es auch richtig, die eigenen Ambitionen ab und zu zu hinterfragen. Es gibt Leute, die wollen immer mehr, immer schneller, immer weiter. Das kann ok sein, manchmal steckt aber auch ein persönliches Problem hinter dem „Ich krieg’ nie genug“.
Die gegenläufigen Trends bei Marathon und Ultra sind zwar da, aber wenn man das in absoluten Zahlen betrachtet, dann sind Ultras immer noch etwas für „Eingeweihte“, während ein Marathon meist nach wie vor eine Massenveranstaltung ist.
Wir sehen uns hoffentlich bei den 100 Meilen 😉
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Da sind wir ganz bei dir, Andreas. Gelegentlich tut Erdung gut. Bis zum 100-Meilen-Samstag!
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Manchmal muss es einfach schneller und/oder weiter sein, manchmal eben einfach nur Heinrich. Also zumindest ist das bei mir so. Ich liebe diese Abwechslung, tut Kopf und Körper gut. Natürlich euch auch weiterhin viel Spaß bei eurem großartigen Vorhaben, aber erst einmal bis nächste Woche!