Im letzten Jahr hatten wir gekniffen, weil Marek sich verletzt hatte. 2011 fand der StrongmanRun zum ersten Mal auf dem Nürburgring statt. In diesem Jahr nun zum zweiten Mal in der “grünen Hölle”. Marek ist dieses Jahr nicht verletzt, aber er wollte seine momentan bestechende Form nutzen, um einen Tag später in Berlin die BIG25 zu laufen. Für Spaßwettkämpfe bleibt da keine Zeit. Also habe ich die Running Twins allein auf dem Nürburgring vertreten. Der größte Hindernislauf der Welt ist ein Riesenspektakel! Das Wetter war absolut unterirdisch, am Ring war am Samstagvormittag dichter Nebel und Dauerregen. Genau das, was die verrückten 10.000 Teilnehmer dieses Laufs wollten? Aus der Twitter- und Bloggergemeinde traf ich Hannes und Michael vor dem Lauf. Bis zum Start verloren wir uns wieder. So gegen 11:00 Uhr sortierte ich mich vorn in die Startaufstellung ein. Es war ziemlich frisch, aber in der Masse der Starter wurde es wenigstens nicht furchtbar kalt. Um 11:30 Uhr verkündete der Anheizer eine Verschiebung des Starts um eine halbe Stunde aus schwer nachvollziehbaren Gründen (zu neblig am Wasserhindernis). Die Menge reagierte wenig begeistert, ließ sich aber von den 30 Minuten Verzug nicht beeindrucken. Um 12:30 Uhr ging die Grand Prix-Ampel endlich auf grün und wir flitzten los. Die Strecke besteht aus einer 10,8 Km langen Runde mit 15 Hindernissen, die zwei Mal zu absolvieren ist.
Das Kalkül war, relativ schnell anzulaufen, um an den ersten Hindernissen nicht warten zu müssen. Und das war die richtige Strategie. Die ersten drei Hindernisse waren ziemlich luschig (“Schwimmalaya“, “Barbeque“, “Wall Street“) und die Strecke bevorteilte gute Läufer. Es ging aber abseits der Rennstrecke ziemlich auf und ab. Schon vor dem ersten Hindernis legte ich mich auf den Matschpassagen mehrmals fast hin. Das erste Hindernis, was mich beeindrucken konnte, war die “Schwarze Witwe“. Auf fünf Bahnen musste man durch Schlamm kriechen. Der roch nicht nur übel, sondern war auch richtig kalt und steinig. Das tat schon mal ordentlich weh, denn ich hatte nur Lauftight und ärmelloses Shirt an. Nach einer weiteren Schlammpassage ging es auf einen Berg der Südschleife. Hier liefen schon nicht mehr viele, der “Wadenkiller” auf dem Gipfel zwang schon viele in die Knie. Dann wieder runter zum “Niagara Fall“, der Wasserrutsche auf einer Zuschauertribüne. Ein wirklich gelungenes “Hindernis” mit hohem Spaßfaktor. Ein kurzes Stück auf der Rennstrecke und der nächste Berg wartete, auf den man hochklettern musste. Das ging auf der ersten noch sehr gut und ich ahnte schon, wie böse es auf der zweiten aussehen würde, denn der Regen hörte nicht auf und weichte den Boden weiter auf. Die beiden “Heu-Rucks” konnten nur mit Hilfe überwunden werden, auch das ging noch richtig gut auf Runde 1. Und dann kam er endlich: der “Panikpool“. Ich wollte eigentlich nicht in das kalte Wasser, aber niemand vor mir lief die “Pussy Lane” lang. Also rein und durch. Hier standen schon einige Zuschauer und belustigten sich an den Schwimmern. Zum Glück war das Wasser nicht wie angekündigt 2m, sondern nur gute 1,60m tief. Man konnte also waten. Aber auch das sollte nicht zu lange dauern. Die vom Laufen verhärtete Muskulatur kühlt schnell ab und die ersten Schritte aus dem Wasser sind schwer. Überhaupt, den ganzen Lauf prägt das ständige Auf und Ab/Stop and Go. Rhythmus gibt es nicht. Die Laufpassagen waren reine Erholung. Richtung Motodrom konzentrierten sich die letzten 5 Hindernisse. “Hängelücke“, “Zitterpartie” (war da wirklich Strom auf diesen Fäden?) und “Kniekiller” waren harmlos. In der “Tauchstation” wurde ich mal wieder richtig nass (ging noch mehr?), hier musste man unter Balken durchtauchen. Noch ein paar Heuballen und viel Schlamm, dann kam auch schon die “Final Destination“, das letzte Hindernis mit gaaaaaaaaaaanz viel Reifen. Hier musste nochmal alle Konzentration her, denn ein Fehltritt kann böse Folgen haben, hier haben sich wohl in den letzten Jahren einige verletzt. Verständlich. Notfalls krabbelt man auf allen Vieren rüber oder optimiert den Weg am Rand mit weniger Reifendichte wie Henrik. Der Läufer optimiert seine Strecke schließlich immer. Ich sah den Gregor zum Glück im Motodrom und so gelang ein guter Schnappschuss.
Runde zwei war nach ungefähr 1:06h. Ich hörte, dass der Sieger für “in 10 Minuten” angekündigt wurde. Hä? Wie hat der Höhler das schaffen können? Eine Fehlinformation, denn Knut war nach 1:38h im Ziel, immer noch eine irre Zeit. Ich fühlte mich sehr gut und lief relativ flott. Die Matschpassagen waren nun richtig böse, jeder durfte sich hinlegen. Spur halten? Schwer, einige Hügel rutschte man einfach auf dem Hosenboden runter. Beim Matsch”laufen” konnte ich Boden gutmachen, an der “Schwarzen Witwe” war dann leider vorerst Endstation. Hier stauten sich noch viele Läufer, die auf der ersten Runde waren. Gute 20 Minuten dauerte es, bis ich endlich durchkriechen konnte. Und jetzt versank ich richtig im übel riechenden Schlamm. Spaß? Nun ja. Nach 10 Minuten war ich wieder draußen und die Schuhe bestanden nur noch aus einem Klumpen Schlamm. Und so musste man den Berg hoch. Jeder Schritt war doppelt schwer. Ich musste richtig pumpen für den Berg, um zumindest in kleinen Schritten hochzulaufen. Richtig eklig wurde es nur noch an dem Berg, der gar kein offizielles Hindernis war: ohne wirklichen Grip kraxelten die Massen hoch. Immer wieder rutschten Läufer wieder runter. Das war echter K(r)ampf und nicht ungefährlich. Das war in meinen Augen eine Nummer zu heftig. Ich wollte jetzt nur noch ins Ziel, mir war sehr kalt und die Laufpassagen waren zu kurz, um sich warmzulaufen. Dazu kam Hunger. Dass ich so lange unterwegs sein würde, hatte ich nicht erwartet. Nochmal schwimmen, über die Heuballen mit 10 Minuten Wartezeit, Reifen, Hängebrücke, Reifen und endlich im Ziel! Die Zeit war mir ziemlich egal.
Hier war nichts los, wo waren bloß die vielen Läufer? Ich schnappte mir zwei Stück Kuchen und ein paar Riegel und versuchte, Gregor oder irgendein bekanntes Gesicht zu finden – aussichtslos. Im wahrsten Sinne des Wortes, Nebel überall. Mir wurde jetzt richtig kalt und ich beschloss, die Finisher Zone zu verlassen und ins Hotel zu laufen. Die warme Dusche nach dem Lauf, was für eine Wohltat. Die Knie schmerzten, aber langsam kehrte auch Stolz ein, dass der StrongmanRun ohne größere Blessuren geschafft war.
Was nehmen wir nun also mit?
Man muss wenigstens einmal dabeigewesen sein. Da ich momentan sowieso nicht in Form bin, war die Gelegenheit günstig. Aber ganz blauäugig und untrainiert würde ich nicht in den Strongman gehen. Der Respekt vor der Strecke bleibt. Die Laufstrecke ist ca. 20 Km lang (wie lang genau, who knows), auch das muss erstmal gelaufen werden, wohlgemerkt nur zu einem geringen Teil auf asphaltierter Strecke. Die Hindernisse sind machbar und durchdacht, von der “Schwarzen Witwe” abgesehen. Dass man 10.000 Teilnehmer nicht durch 5(!) Bahnen mit 60 Meter Länge in einer aktzetablen Zeit schleusen kann, liegt auf der Hand. Wie die “Elite” hier auf der zweiten Runde durchgekommen ist, ist mir rätselhaft. Der Kletterberg zwischen Hindernis 6 und 7 war grenzwertig und zu gefährlich. Das Wetter war hier kontraproduktiv. Viele Teilnehmer haben sich (wieder) über die langen Wartezeiten an den Hindernissen beschwert, auch über eine schwache Organisation der Kleiderabgabe. Da ich nichts abgegeben hatte, kann ich dazu nichts sagen. Es gibt nach wie vor großes Verbesserungspotential. Aber ohne Wartezeiten wird man wohl nie 10.000 Läufer über einen derartigen Parcour schicken können. Vorschlag: warum unbedingt 2 Runden? Macht eine längere draus und das Problem der Überrundungen fällt weg. Es wird immer wieder Leute geben, deren Trainingszustand nicht ausreicht. Warum sollen alle andere darunter leiden? Auch das angekündigte Streichen aller Finisher, die mehr als 3,5h brauchten: nicht im Ansatz nachvollziehbar und ein Hohn gegenüber denjenigen, die die Strecke geschafft haben und nicht wie Pocher nach einer Runde rausgegangen sind.
Trotzdem: das Ganze ist eine Riesengaudi und hilft dazu, die eigene Abneigung gegenüber Dreck, Schlamm und Nässe auszuschalten. Das hilft einem auch im tristeren Trainingsalltag. Ich werde 2013 auf jeden Fall wieder am Start sein. Denn ich bin jetzt ein Strongman!
13 Kommentare
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Erst einmal Glückwunsch, klasse und das bei diesem Wetter. Und du bist in kurz gelaufen… Also da bin ich wieder froh, nicht dabei gewesen zu sein. Deshalb mein allerhöchsten Respekt. Bei den tollen Bildern wird mir direkt wieder kalt und ungemütlich.
Das mit den Wartezeiten ist ja schade – vielleicht zwei Starts?! Aber wer möchte mit seinem schon warten, obwohl eine kürzere Anfängerrunde vielleicht auch nicht schlecht wäre – dann würde so jemand wie ich, es sich vielleicht noch einmal überlegen und den Weg auf sich nehmen.
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Ein toller Bericht und natürlich eine Riesen Leistung die du da hingelegt hast! Eine verdammt harte Nummer dieses Ding! jetzt bist du ein StrongMan! Herzlichen Glückwunsch Bruder!
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Hallo Henrik,
ich bin immer wieder erstaunt was sich Menschen und vor allem Sportler freiwillig so alles zumuten. Trotzdem könnte ich mir schon gut vorstellen, dass mir das auch Spaß machen würde. (wenn ich nicht dazu gezwungen werde, sonst hätte ich ja auch zum Bund gehen können.)
Grüße -timekiller-
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Definitiv: Nicht meine Welt! Trotzdem Gratulation zur bestandenen, mmh, Reife(n)prüfung?!
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Ein schöner Bericht! Schade, dass wir uns vor dem Start dann doch noch verloren haben, aber du scheinst auch alleine gut durchgekommen zu sein – im Ziel auch nur rund eine Minute vor mir und Christian gewesen, und trotzdem haben wir dich nirgends gesehen. Aber solange der Spaß stimmte 🙂
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Hallo Henrik, dein Bericht ist Super spannend, wo nimmst du nur die Energie für diese Hindernisse her?Das war eine grandiose Spitzenleistung, werde mir alle Fotos noch ganz in Ruhe ansehen, Glückwunsch zur Leistung.
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Die Fotos sind ja wohl der Hammer! Damit kannst du ja ein richtiges Album füllen!
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Glückwunsch und willkommen im Club der StrongMen! 🙂
Deinem schön geschriebenen Bericht und auch den Bildern kann man entnehmen, dass Du Spaß hattest. Und das ist die Hauptsache. Schade, dass bei der Zitterpartie anscheinend kein Strom im Spiel war. Hätte bestimmt lustige Bilder gegeben. 😉 -
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Hannes: auf meinem Zieleinlaufvideo sieht man euch am Ende. Es war einfach so neblig und ich habe nicht wirklich mit euch gerechnet. Habe mich dann auch gleich verzogen, weil mir kalt wurde.
Christian: einige Fäden waren sehr wohl geladen, so berichten Teilnehmer. Gut dass ich geglaubt habe, dass sie es nicht sind.