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Davon hatte ich schon immer geträumt: einsam in strömendem Regen gemischt mit fiesem Gegenwind durch Kuhkaffs im Outback von München zu laufen. Das klingt eigentlich grausam, aber im Rahmen des Wings for Life World Runs am vergangenen Sonntag war das eine Riesengaudi. Der wohl größte Charity-Lauf der Welt, 35 zeitgleich gestartete Läufe in 33 Ländern auf dem ganzen Globus – ein schier unermesslicher Organisationsaufwand für eine große Idee: 100% der Startgelder (in Deutschland 36 bis 54 EUR) fließen in die Stiftung “Wings for Life”, die sich für Forschung zur Heilung von Querschnittslähmung engagiert. Der bekannte Grazer Energiedrinkhersteller ließ seine Marketingmuskeln spielen und stellte das Event auf die Beine. Live-Übertragung auf dem eigenen Fernsehsender inklusive mit der “Global Race Control” an der Rennstrecke in Spielberg. Der Clou am WFLWR: es gibt keine Ziellinie, man läuft soweit, bis das WFLWR_3Catcher Car überholt. Das verfügt über mobile Transpondererfassungstechnik und erfasst beim Überholen den Zeitnahmechip des Läufers. Da das Catcher Car mit einer definierten Geschwindigkeit fährt und eine halbe Stunde nach Startschuss (weltweit einheitlich 11:00 Uhr UTC) losbraust, kann man sehr genau planen, wie weit man laufen möchte. Im letzten Jahr gastierte der WFLWR in Deutschland nur in Darmstadt, und da für 2015 ein zweiter Deutschland-Lauf mit Start in München ins Programm genommen wurde, wollte ich da unbedingt teilnehmen.

IMG_9753Das Münchner Wetter am Sonntag war aber unerbittlich: dunkle Wolken mit ergiebigem Dauerregen, aber immerhin 15 Grad – es gibt schlimmere Bedingungen, um zu laufen. Besser als Hitze! Trainerin Bianca und ich wollten mit ca. 4:30 min/Km starten, diese Pace würde für einen Marathon reichen, wenn man sie konstant durchliefe. Das war nach 200 Metern bereits Utopie, so schnell flogen wir am Olympiasee vorbei. Wir blieben an der führenden Frau Ingalena Heuck dran, die heute Großes vorhatte. Das Tempo führt zu 41:30 min auf die 10 Kilometer. Das Feld war hier schon sehr auseinandergezogen. Für mich viel zu schnell, also ließ ich Bianca und den Tross um Leni wegziehen. Vereinzelt standen sogar Zuschauer an der Strecke und jubelten den nassen Läufern zu. Die Stimmung unter den Läufern war prächtig, so wirklich volle Pulle liefen nur wenige. Ich musste das Tempo schon ab Km 15 deutlich reduzieren, schon jetzt war klar, dass der Marathon heute nicht erreichbar ist. Ich wollte mich angesichts der wichtigeren Wettkämpfe in den nächsten beiden Wochen auch nicht abschießen. Und so traf ich immer wieder auf bekannte Gesichter und konnte einen Plausch halten, mal gehend, mal laufend, aber immer guter Dinge. Der Regen zermürbte mit der Zeit doch ganz schön und die Umgebung wurde nicht reizvoller, ganz im Gegenteil. Ab Km 32 kamen noch nette Anstiege dazu. Die Oberschenkelrückseiten waren erstaunlich angegriffen und so lief ich zur Entlastung sogar 1-2 Km rückwärts und freute mich auch auf das Catcher Car. Das ließ sich dann noch bis Km 34,x Zeit. Eine ganze Kolonne zog in Überacker vorbei. Für die meisten Läufer eine wahre Erlösung.

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Der Rückweg folgte zunächst walkend zum VP bei Km 35 und dann mit einem Bus-Shuttle. Erst 4,5 Stunden nach dem Startschuss waren wir wieder im Olympiapark. Das war ein irres Event mit hohem Unterhaltungswert, ein Riesen-Kompliment an die Organisation. Marek hat als Selfie-Runner mit der App in Berlin am Lauf teilgenommen und hat sich erst nach 37,1 Kilometern vom virtuellen Catcher Car einholen lassen. Damit holt er immerhin weltweit Platz 3 der Selfie-Runner-Wertung. Ich bin mit meiner Leistung ganz zufrieden, im nächsten Jahr muss der Marathon mit einer besseren Renneinteilung aber fallen. Wir freuen uns auf den Wings for Life World Run am 8.5.2016! Und wenn es so sein soll, auch wieder im Dauerregen durch die Kuhkaffs.