Am 28.03.2010 war in Berlin ganz ähnliches Wetter wie heute beim Internationalen Halbmarathon Altötting. Damals flitzte ich beim Berliner Halbmarathon etwas überraschend zu einer für die Trainingsverhältnisse sehr ordentlichen 1:37:19h – Bestzeit. Dass diese Zeit aber bis heute und damit zweieinhalb Jahre bestehen würde, das hatte ich nicht erwartet. An Versuchen mangelte es wahrlich nicht, da waren z.B. zwei Stadtläufe in München, ein Stadtlauf in Berlin, der Citylauf in Rostock, ein völlig verkorkster Berliner Halbmarathon, zwei BIG25 in Berlin inkl. der Halbmarathon-Distanz. Das war nun wirklich genug. Aber sich unter Druck zu setzen, hat schon bei diesen sieben Versuchen nichts gebracht. Die Lernkurve war leider bescheiden. Ich war für heute nicht sicher, worauf es im Idealfall in Altötting hinauslaufen könnte. Klar, das Training in den letzten beiden Wochen lief sehr gut und ich bewege mich inzwischen oft und lang im avisierten Marathontempo ohne Schnappatmung. Und dann schrieb Trainerin Bianca ohne Gnade in den Trainingsplan “volle Kraft voraus Richtung neue Halbmarathon-Bestzeit”. Und dass ich mich wenigstens ein einziges Mal an die Tempovorgabe auf den ersten Kilometern halten möge. Die Ausrufezeichen habe ich aus Platzgründen weggelassen.

Der Halbmarathon Altötting bietet die “schnellste Naturlaufstrecke der Welt”. Gute 3 Km muss man aber erstmal auf der Straße laufen, bevor es auf die geschotterten Wege im beschaulichen Altöttinger Forst geht. Diese sind gut zu laufen, aber Waldwege bleiben Waldwege. Nach den Regenfällen der letzten Tage war es zum Glück nur an wenigen Stellen matschig. Meine etwas gewagte Schuhwahl zahlte sich trotzdem schnell aus: der New Balance Minimus Trail griff perfekt und sorgte für einen super Abdruck. Ich bremste mich ganz gut ein und lief die ersten beiden Kilometer in 4:33 und 4:31. Mit den -ups- 4:16 auf Km 3 war dann Klaus weg – an den wollte ich mich mit seinen geplanten 4:30 eigentlich halten. Ich schaute mich nun nicht mehr um, es sollte also mein eigenes Rennen werden. Ich hielt mich fortan an zwei Läufer vor mir, die artig einen Tick unter 4:30 liefen, ganz allein traute ich mich dann doch nicht. Abgesehen davon, dass ich beim Km 8 neben den letzten Wasserbecher griff, rollte es bis Km 10, auch dank meiner beiden Pacemaker- fast optimal. 44:18 zeigte der Forerunner nach dem 10 Km-Schild. Da dachte ich kurz an Dachau zurück, wo ich mich vor drei Wochen bei deutlich höherer Außentemperatur zu einer 43:09 quälte. Natürlich wurde es jetzt schwerer.

Die Zwischenzeiten ließen wie auf Kommando Böses ahnen: 4:22(10)-4:26-4:31-4:34(13). Das sind die kritischen Kilometer bei einem Halbmarathon. Und ich fand mich nicht damit ab, spuckte den Kaugummi in den Wald und ließ meinen Tempomacher stehen (danke trotzdem!). Ich überholte munter weiter, wenn nicht jetzt, wann dann? Die Sicherheit, das Tempo bis zum Ende gehen zu können, war so ab Km 15 da. Große Schritte, Mittelfußlaufen, ein Wasser über den Kopf, der Kampf begann. Die immer gern als schön beschriebene Strecke ist so schön nun nicht, laaaaaaaaange Geraden und ein paar wenige Steigungen. Aber daran verschwendete ich keinen Gedanken mehr. Das Ding jetzt noch versauen, erschien mir nahezu unmöglich. Mir ging es nicht gut, aber das darf ja nun auch nicht sein im letzten Drittel. Die Zuversicht zog ich aus den Überholmanövern. Bei Km 17,x stand der Fotograf und ich setzte mich fotogeil noch frech vor eine Dreiergruppe (sorry, Jungs). Ich sehnte jetzt den Asphalt herbei und die Pumpe ging. Den Rest des Rennens holt man mehr mit dem Kopf als mit den Beinchen. 4:18, 4:15, 4:08, 3:43 auf den letzten Kilometern und ich flog wie berauscht ins Ziel. Ich hatte sogar noch Kraft für den Sprung über die Ziellinie. Die Uhr stoppte ich bei exakt 1:32h. Die offizielle Nettozeit wurde dann mit einer Sekunde schneller angeschlagen. Und dann auch noch ein negativer Split. Endlich, nach zweieinhalb Jahren!

Zieleinlauf Halbmarathon Altötting 02.09.2012