Wenn es denn nur eine Stunde wäre! Nein, mehr als 3 Stunden muss man mit Körper und Geist kämpfen, bis die Strapazen überstanden sind. Und dafür hat man 12 Wochen trainiert, sich auf jede denkbare Situation vorbereitet. Und trotzdem, es läuft gar nicht so wie geplant. Oder sagen wir besser erhofft. Die Erwartungshaltung hatte ich vor der Abfahrt nach Rotterdam schon reduziert. Angesichts der knappen 6 Wochen zwischen Transgrancanaria und dem Rennen wollte ich mich nicht der Illusion hingeben, dass zwei lange Wettkämpfe in dieser Zeit mit Bestzeiten enden. Es sei denn, man ist Profisportler. Geschielt Richtung 3:15h, die wir ja schon für Berlin anvisiert hatten, habe ich schon. Vielleicht…/wenn…/sollte Rückenwind… Und so stand nur zur Entscheidung, zügig anlaufen und mit einer recht hohen Wahrscheinlichkeit einbrechen oder gemäßigt starten und auf eine gute zweite Hälfte beim Läufergott hoffen. Ich brauche wohl die Frage nicht zu beantworten, für welche Variante ich mich entschied.
Der Rahmen des 34. Rotterdam Marathons war perfekt. Eine große Euphorie durchzieht im Vorfeld die Stadt, selbst im Supermarkt hängen Plakate mit Glückwünschen für alle Teilnehmer. Nun ist der Lauf mit seinen etwas mehr als 10.000 Finishern eine Nummer kleiner als z.B. der Berlin Marathon. Doch die ganze Stadt ist auf den Beinen und begibt sich zur Strecke. Zugegeben, so groß ist Rotterdam nun auch nicht und wer den Fuß vor die Tür setzt, wird die Marathonstrecke kaum verfehlen können. Zwei Mal laufen die Marathonis über die weltberühmte Erasmusbrücke. Die Streckenführung bildet zwei Schleifen ab. Ein abwechslungsreicher Kurs, allerdings an vielen Stellen nicht übermäßig breit und keineswegs so superflach wie erwartet. Das Drumherum passt einfach. Die Marathonmesse im Beurs World Trade Center in der City beschränkt sich auf ein paar Stände, so dass man ohne Zwangsumweg direkt zur Startnummernausgabe gelangt. New Balance verkaufte den 890V4 in der Rotterdam Marathon 2014-Edition. Lustig, dass ich genau den Schuh mitgebracht hatte für den Marathon. Ich kaufte nur ein paar Powerbar Hydrogels. Die Pastaparty am Vorabend war durchaus feudal, so auch der Preis mit 18 EUR p.P.. Dafür gab es aber Pasta unlimited in gediegener Atmosphäre.
Die Nacht vor dem Rennen ist immer unruhig bis furchtbar. Endlich konnten wir uns aufmachen zur Strecke. 500 Meter warmlaufen, ein wenig Stretching und ab in den Startblock D. Der ging fließend in C über und eine halbe Stunde vor dem Start konnte man sich noch locker ganz nach vorn schieben. Ein niederländischer Schlagersänger(?) sang noch “You’ll never walk alone” und dann wurde das Rennen per Kanonenschuss gestartet. Mit 6 Gels und Musik vom iPhone schob ich mich mit der Masse los.
Die ersten Kilometer vergehen wie im Fluge, die Füße leicht, der Wind im Rücken, es rollte. Ich aß und trank ziemlich früh, bloß nicht trockenlaufen. Auf dem Rückweg der Schleife traf uns dann aber der Gegenwind und die Strecke war schon so leer, dass kaum Windschatten möglich war. Bei Km 15 trank ich in Ruhe und nahm etwas Tempo raus, weil ich mit 1:08h viel schneller als geplant unterwegs war. Das konnte nicht gutgehen. Die Halbmarathonmarke kam dann später als erwartet und hier war ich mit 1:36h wieder im Plan. Die Tendenz zeigte allerdings schon nach unten. So einige Läufer überholten mich hier bereits. Es ging wieder hoch auf die Brücke und da hat es mich ganz schön zerlegt. War ein Orkan aufgezogen? Ich habe Gregor am Brückenende gar nicht mehr wahrgenommen, so sehr hat mich dieser Streckenabschnitt angestrengt. Aber auch die Zwischenzeit bei Km 25 von 1:55h bot noch keinen Grund zur Beunruhigung. Ich haute noch einen Kilometer unter 5 Minuten raus vor dem Tunnel. Dann ging langsam aber sicher der Ofen aus. Kilometer 30 ist ein Meilenstein, ab dem der wahre Marathon beginnt. Stimmt. Mich verließ jetzt leider viel zu früh die Courage. Wenigstens noch das Ding zu Ende bringen und vielleicht geht ja am Ende nochwas? Auf der Gegengerade sah ich das Schild von Km 40 und vorbeifliegende Läufer. Ich musste mich ja erstmal bis zum 30er durchschlagen. Nach einer gefühlten Ewigkeit kam dann die Matte, wieder Blick auf die Uhr: 2:20h. Das Unschöne ist, dass man nicht mehr so richtig rechnen kann, der Körper hat alle Energie aus dem Hirn in die Motorik geleitet. So übel war die Durchgangszeit -im Nachhinein betrachtet- ja nicht, immer noch drei Minuten unter der Bestzeit. Der “Rest” von immerhin 12 Kilometern war dann Krampf und Kampf, die Bilder vom Veranstalter sprechen Bände (ich kaufe die nicht!). Immerhin konnte ich die letzten beiden Kilometer nochmal zügiger laufen. Es tat mir ja nichts weh, der einzige Wunsch bestand nur noch darin stehenzubleiben. Beim Einbiegen auf die Prachtmeile Coolsingel schloß ich bereits Frieden mit mir, nahm Sonnenbrille und Kopfhörer ab und trabte ins Ziel. Erhobenen Hauptes hielt ich die Uhr nach 3 Stunden, 26 Minuten und 22 Sekunden an.
Ich kann heute ohne Schmerzen Treppen hochgehen. Ich habe das Ziel nach 42,2 Kilometern laufend erreicht. Ich bin sehr dankbar für die (zugegebenermaßen harten) Erfahrungen. Alles riskiert, Bestzeit nicht gewonnen, aber einen lehrreichen Lauf mit nach Hause gebracht. Nach dem Marathon ist vor dem Marathon, im Herbst wird wieder angegriffen. Vielleicht sogar in der Heimat in München, wo ich noch nie teilgenommen habe. Eine Lehrstunde wird es trotzdem wieder. Das ist sicher.
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Von Steffny über die Gurke bis zur blauen Bahn
in9 Kommentare
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Hallo Henrik,
zunächst Glückwunsch zum gefinishten Marathon, auch wenn die Zielzeit nicht Deinen Vorstellungen entspricht. Finish ist Finish, ein Marathon ist halt kein Spaziergang. Du wirst Dein gestecktes Ziel sicher schaffen, vielleicht sogar in München. Jetzt erst mal Füße hochlegen und regenerieren.
Grüße -timekiller-
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Das mit München sehen wir mal. Diese Menschenmassen an der Strecke, das prall gefüllte Olympiastadion – das könnte doch zu viel für mich werden ;).
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Da war das Rennen einfach mal zu früh vorbei. Mutig losgelaufen und es hat eben nicht geklappt, so what? Ein Marathon ist viel zu lang, um den vernünftig durchplanen zu können. Du hast das Ding mit erhobenem Haupt zuende gebracht und darauf kannst du stolz sein. Wir brauchen ja nicht zu erwähnen, dass 85% der Läufer gerne deine Zeit…lassen wir das. Dann eben München!
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Autor
Alles eine Frage des Anspruchs. München, ich komme! Ach, bin ja schon da.
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Glückwunsch, Henrik! Diese Zeit muss man ja auch erst einmal bei den Bedingungen laufen. Und wie du ja schreibst, gab es zwei Möglichkeiten (die jeder Marathonläufer kennt und schon mal erfahren hat) – Bestzeit sollte halt einfach nicht sein. Kommt aber noch!
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Herzlichen Glückwunsch, Henrik! Eine wirklich tolle Leistung; erst Recht in Anbetracht des tollen Laufs vor kurzer Zeit.
Es wird ganz sicher bald deine Zeit kommen und dann sehen wir dich jubeln. Bis dahin schließe ich mich Marek an: mutig angegangen!
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Autor
So war es, Nadin, nur Mut wird nicht immer belohnt. Jedenfalls nur mit Lehrgeld ;). Weiter geht’s!
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Hallo Hendrik, Herzliche Glückwunsch du bist durch gelaufen das ist wichtig für uns Läufer die Zeit das zweite. Ich würde dir F-City raten da ist die strecke Super und einige schnelle laufen da auch Stefan, ich und so weiter. München ist nett aber nicht Optimal erhol dich gut VG Tobi