Barfußlaufen ist gerade ein regelrechter Hype. Orthopäden und Sportmediziner des Planeten propagieren das “gesunde Laufen”. So tauchte das Thema Anfang 2010 in unzähligen Artikeln auf, als das Ergebnis einer amerikanische Studie an den Presseverteiler ging, z.B. hier bei den Netzathleten oder hier bei SPON. Das ganze Thema ist sicherlich mit etwas Zurückhaltung und gesundem Menschenverstand zu betrachten. Und vor allem: mitreden kann man nur, wenn sich selbst auf Erfahrungstour begibt. Marek hatte im letzten Jahr bereits einen Barfußschuh getestet. Anhand der Suchbegriffe, die immer wieder auf seinen Artikel führen, kann man gut ablesen, dass das Interesse an Erfahrungsberichten stetig steigt. Die italienische Schuhsohlen-Firma Vibram schwimmt mit ihren FiveFingers derzeit auf der Erfolgswelle des “Natural Runnings” mit. Marek läuft seit ca. einem Jahr die KSO und ich die Speed. Ich habe mir vor kurzem ein 2011er Modell zugelegt, den Bikila LS. Schauen wir uns die Schuhe und das dahinterstehende Konzept doch nochmal genauer an.

Neulingen bereitet das erste Anziehen durchaus Schwierigkeiten. Dreimal geübt und das “flutscht” wie bei anderen Schuhen. Der Bikila LS hat als Neuerung eine Schnellschnürung wie bei Trailschuhen – praktisch. Den “Schnürsenkel” befestigt man einfach mit dem Klettverschluss auf dem Spann. Die Passform ist großartig, selbst an dickeren Füßen sitzt der Schuh dank der Schnürung und der anatomischen geformten Sohle perfekt. Und Reflektoren hat der Schuh jetzt auch. Fast ein “richtiger” Laufschuh? Sicher nicht.

Kann man längere Strecken laufen?
Aber ja. Am Anfang sollte man zur Eingewöhnung erstmal eine Weile damit gehen, dann kleinere Strecken bis 5 km laufen. Der Muskelkater in der Wade stellt sich erst am nächsten Tag ein und der kann brutal sein (Gelegenheitsstrandläufer wissen das). Der Bewegungsapparat gewöhnt sich aber relativ schnell an die neue Belastung. Dämpfung Fehlanzeige, die Kraft wirkt somit nicht mehr direkt auf das Kniegelenk, sondern beansprucht die Fußmuskulatur. Ich habe als längste Strecke fast 20 km absolviert – ohne jegliche Probleme.

Tut es weh beim Auftreten?
Kommt drauf an. Man muss sich mehr darauf konzentrieren, wo man hintritt. Spitze Steine können schmerzhaft sein. Da hilft auch die verstärkte Sohle nicht. Aber auch das zählt zum “Barfußgefühl” dazu. Das ganze hat den Effekt, dass man unbewusst nicht mehr über die Ferse, sondern mehr über den Mittel-/Vorderfuß abrollt.

Kann man auch Wettkämpfe laufen?
Am Anfang ist ein langsames Tempo opportun, auch, weil die Schrittlänge kürzer ist. Hat man sich erstmal an die neue Belastung gewöhnt, kann man durchaus ein flotteres Tempo durchziehen. Ich kann mich an einen 15 Km-Lauf in ~4:45 min/km erinnern. Wie sich die FiveFingers auf der Bahn schlagen, muss ich noch testen. Also warum nicht auch ein Wettkampf?

Braucht man Zehensocken?
Socken braucht man nicht notwendigerweise. Empfehlen würde ich sie nur bei unter 10 Grad Außentemperatur und dann auch nur zum Gehen, nicht zum Laufen. Sie mindern das “Barfußgefühl” etwas. Ohne Socken schwitzt der Fuß mehr nach außen, so dass die Schuhe nach ein paar Nutzungen etwas streng riechen. Aber kein Problem: FiveFingers sind maschinenwaschbar bis 40°.

Fazit: komplett würde ich meine Laufschuhe nicht auf FiveFingers umstellen. Die Schuhe sind wunderbar alltagstauglich. Zu schnellen Läufen und Wettkämpfen würde ich nur Erfahrenen raten. Testweise will ich in diesem Jahr zumindest einen 10er Wettkampf mit den FiveFingers laufen. Die Blicke der Mitläufer sind schon sicher. Die langfristige Wirkung wage ich (noch) nicht zu beurteilen. Ob sich wirklich eine Stärkung der Fußmuskulatur einstellt und sich der Laufstil allein durch die Schuhe verbessert: da muss man schon dran glauben. Ich nicht. Aber allein für das Barfußlaufen-ähnliche Gefühl lohnt es sich!