Zehn Treppen sind bewältigt und die Oberschenkel brennen. Wohnungstür aufschließen -wenn man den Schlüssel nicht verloren hat-, der Forerunner fängt an zu piepen. Das untrügliche Zeichen dafür, dass das jüngste Training auf den Rechner übertragen und zu Garmin hochgeladen wird. Nach dem Duschen wird die dank GPS aufgezeichnete Strecke auf dem großen Bildschirm angeschaut und der Verlauf der Herzfrequenz irgendwo zwischen Normalnull und kurz-vor-Herzstillstand bestaunt. Vorher aber noch dehnen, natürlich. Nicht zu vergessen: das Training wurde längst auf Twitter, Facebook und Google+ gepostet, damit auch jeder aus der umfangreichen Freundes- und Followerliste weiß, wie hart man für den Marathon trainiert. Bis auf den letzten Schritt funktioniert das alles heute schon. Zumindest, wenn man einen der höherwertigen Garmin Forerunner zum Trainieren einsetzt. Für Läufer mit Uhr von Polar oder die Laufcomputer-Hasser stellt sich die Situation ganz anders dar. Dokumentieren möchte jeder, der einen gewissen Anspruch an sein Training hat. Ich spreche von Läufern, nicht von Neujahrsjoggern. Die Möglichkeiten dafür sind vielfältig. Das handschriftliche Lauftagebuch führt heute wohl niemand mehr. Wozu auch, bieten die Gadgets und Communities heute genug Möglichkeiten, ohne einen Stift in die Hand nehmen zu müssen. Da wird hochgeladen, gerechnet, ausgewertet, dass einem schwindlig wird. Natürlich gibt es keine Lösung, die für jeden Typ Läufer passt. Zu unterschiedlich sind die Ansprüche an die Dokumentation. Wir haben bisher drei Portale genutzt und stellen die Möglichkeiten dieser hier kurz vor. Oder sagen wir Community?

Garmin Connect (Link)

    1,5 Mrd. Meilen hat die Garmin Connect Gemeinde bereits zurückgelegt. Das wird dem geneigten Nutzer gleich auf der Startseite mitgeteilt. Dieses Mitteilungsbedürfnis haben sie alle. Klingt toll, spielt aber keine Rolle, wenn man die Features dieses Portals beurteilen möchte. Die sind noch übersichtlich, aber das Potential ist groß. Die primäre Zielgruppe bildet sich ganz klar aus den Läufern, die einen Garmin Forerunner zum Laufen ausführen. Dieser verbindet sich mit spezieller Garmin Software auf dem Heimcomputer mit Garmin Connect und lädt dorthin die Läufe hoch. Dabei wird die Uhr ohne Kabelverbindung über die Funktechnologie ANT+ angesprochen. Je nach Ausstattung des Forerunners sind richtig fette Informationen zu Herzfrequenz, Strecke und Pace enthalten. Besonders die Visualisierung der Strecke auf der Karte ist gelungen. Im “Player” kann man die Strecke nochmal animiert ablaufen lassen und den Verlauf von Pace und Herzfrequenz bewundern. Strecken können seit kurzem aus den Läufen exportiert und gespeichert, “Ziele” definiert und ein individueller “Fitnessplan” angelegt werden. Das alles ist noch rudimentär, zeigt aber gute Ansätze und lässt auf mehr hoffen. Eine Community gibt es zwar, aber Interaktion ist zwischen den Mitgliedern (noch) nicht vorgesehen. Es ist fraglich, ob Garmin die Wettbewerbsfunktion und das Freundschaftskonzept von den anderen kopieren sollte. Vielleicht in eine andere Richtung denken? Es gibt immerhin eine halboffene API, aus der wir auch die Laufstatistiken generieren. Jede Aktivität kann exportiert werden. Hier ist Garmin vorbildlich, auch wenn man auf einen eigenen Dokumentenstandard für Läufe setzt. Die Integration mit den Social Media kommt voran, ein automatisches Posting geht noch nicht. Leider ist die Entwicklung insgesamt sehr pomadig und produziert gelegentlich Downtimes des gesamten Systems. Werbung gibt es dafür nur sparsam in Form der Garmin-eigenen Produkthinweise.

    Fazit:
    Forerunner-Nutzer kommen an Garmin Connect nicht vorbei. Schöne Streckenverläufe, detaillierte Laufinformationen, aber schwache Communityfunktionen.

1-2-sports(Link)

    1-2-sports kommt schon näher an eine “Community” heran. Hier gibt es die Möglichkeit, ähnlich wie bei anderen sozialen Netzwerken, ein eigenes Profil zu hinterlegen und dort je nach Belieben dem Rest der Mitglieder Informationen über das sportliche Dasein mitzugeben. Welche Lieblingssportart hat man, an welchen Wettkämpfen nimmt man teil, auch Wettbewerbe unter den Mitgliedern sind eine nette Geschichte. So ein “Battle” macht ja jeder einmal mit. Auch sind die Auswertungsmöglichkeiten deutlich größer als bei Garmin Connect. Ob Trainingsumfang (Dauer, km, Kalorien, Vergleich mit dem Datum des Vorjahres) oder Bestzeiten (auch Durchgangszeiten) – alles wird sowohl in Zahlen als auch graphisch aufbereitet präsentiert. Und das schon im kostenlosen Paket. Noch weitreichender gehen die Statistiken und Einstellungsmöglichkeiten, wenn man ein paar Münzen in die Hand nimmt und damit ein Punkteguthaben kauft. Insgesamt hinkt das Portal aber schon etwas hinter dem Web 2.0-Zeitalter hinterher. Ein Beispiel ist der umständliche Upload eines Trainings, bei dem eine ganze Reihe von Klicks und Scrollen notwendig ist. Die Darstellung der Karte erfolgt nicht automatisch bei einem GPS-basierten Training, sondern muss umständlich über eine neue Strecke hochgeladen werden. Es werden die Formate der gängigen Laufuhren von Garmin (TCX und GPX) und Polar (HRM) akzeptiert. Es wird keine Schnittstelle bereitgestellt, mit der die Trainings automatisch abgerufen werden können. Einzig die Einbindung eines Banners auf der eigenen Seite wird angeboten. Da das Portal aber auch durch Werbung finanziert wird, wird diesem Wunsch wohl kaum Rechnung getragen werden. Hier wären flexiblere Bezahlmodelle denkbar.

    Fazit:
    Für Statistik-Fans ein passendes Portal, dem aber ein frischer Wind in Sachen Design und Usability guttun würde.

NikePlus(Link)

    An Nike+ scheiden sich die Geister. Ich hatte dem Portal schon mal tschüss gesagt, benutze es aber wieder, seitdem ich die Möglichkeit gefunden hatte, mit Garmin aufgezeichnete Läufe zu Nike+ hochzuladen. Die Community ist riesig, über die Entwicklung der Nutzerzahlen schweigt sich Nike jedoch aus. Sicher ist: Nike+ ist die weltweit größte Laufcommunity. Auch hier kann man sich ein persönliches Profil anlegen und mit der Community interagieren. Die aufgezeichneten Läufe kann man sich anschauen, für Statistikfreaks ist das allerdings harmlos. Die Durchschnittsgeschwindigkeit und Strecke kann man sehen, das war es dann aber auch. Ergänzt wird der Funktionsumfang durch den durchaus gelungenen Wettbewerbsmodus. Kennt ihr unseren Wettbewerb für 2012? Darüber hinaus kann sich der Läufer starre Trainingspläne generieren lassen (“Coach”) und Ziele definieren, für deren Erreichen man mit Videoclips mit Carl Lewis oder Paula Radcliffe belohnt wird. Neuerdings kann man auch Strecken zeichnen oder sogar importieren aus den eigenen aufgezeichneten Läufen. Das große Wachstum der Community begründete sich auf dem Nike+-Laufsensor, der 2007 auf den Markt kam und als elektronischer Schrittzähler mit dem iPod kommuniziert. Eine -wenn auch fragwürdige- Innovation, die das Aufzeichnen von Trainings so leicht wie nie gestaltete. Inzwischen hilft auch GPS mit. Für das iPhone gibt es die Nike+ GPS-App oder man nutzt das Nike Sportsband inkl. GPS-Sensor. Der größte Kritikpunkt an Nike+ ist die Homepage. Von Anfang an in Flash entwickelt, setzt man hier auf eine Technologie mit fragwürdiger Zukunft. Die Seite ist extrem langsam und fehleranfällig, kein Wunder bei dem Umfang und der Last. Läufe sind nicht exportierbar, aber immerhin steht eine semi-offizielle API bereit. Im geschlossenen System von Nike muss sich in technischer Hinsicht bald was verbessern, sonst vergrault man die Nutzer mit dem Schwarzen Gürtel.

    Fazit:
    Für Laufeinsteiger ist Nike+ eine einfache Möglichkeit, Läufe auszuwerten. Statistikliebhaber rümpfen die Nase und Flash-Abgeneigte klicken schnell weiter.

Wer sich mit keiner der Internet-Communities/Portale anfreunden kann, hat immer noch die Möglichkeit, Desktopsoftware zu benutzen. SportTracks wird gern als das Referenzprodukt genannt. Damit haben wir noch keine Erfahrungen gesammelt. Alternativ dazu steht das (kostenlose) Garmin Training Center, was ich hinsichtlich Bedienbarkeit für unbrauchbar halte. Mit Runalyze haben Hannes Christiansen und Michael Pohl die Entwicklung einer Webanwendung gestartet, die unter anderem einen “automatischem Import vom Garmin Forerunner” ermöglichen soll und mit Plugin erweitert werden kann. Von Läufern für Läufer programmiert – das klingt vielversprechend und wird sicher noch einen Post wert sein. Und automatisch klingt nach einem harten Training und den zehn Treppen richtig gut.