Lanzarote und Trailrunning – ist das eine gute Kombination? Ja und nein. Auf der Kanareninsel gibt es kein ausgewiesenes Netz von Wanderwegen. Genau genommen ist der einzige Wanderweg der GR-131, der Orzola im Norden und Playa Blanca im Süden auf etwa 70 Kilometern verbindet. Der Weg lohnt sich meiner Meinung nach nicht, es sei denn, man ist sowieso auf dem Wanderweg über alle Kanarischen Inseln. Für Trailrunning schon gar nicht.
Aber es gibt sie. Die Perlen der Trails, von denen man auf den weiten Atlantik schauen kann und die laufbares bis richtig anspruchsvolles Terrain bereithalten. Auf denen der Passatwind ins Gesicht bläst und auf denen man immer wieder innehält für ein tiefes “Hach, wie schön”. Ich nehme euch mit auf die Küstentrails!
Beide Wochen durfte ich wieder im RUNNING Company Lanzarote Laufcamp als Coach und Guide dabei sein. Im Zuge meines siebten Aufenthalts auf der Insel habe ich es fast geschafft, die Insel an der Küste zu umrunden. Und dabei wundervolle Spots gesehen. Man muss die Erwartungen an das pure Trailrunning-Erlebnis im Vorfeld etwas dämpfen. Denn wie eingangs erwähnt gibt es nicht die perfekt vermessenen und breitgetretenen Wanderwege. Viele Menschen trifft man auch nicht, aber dafür mit etwas Glück sogar Bergziegen.
Puerto del Carmen – Playa Blanca
You can call it a Klassiker. Wenn ein Trail einfach zu laufen ist, weite Aussichten bietet und gut zu kalkulieren ist, dann wohl der Weg vom geschäftigen Touristenort Puerto del Carmen nahe des Flughafens zur Bettenburg von Playa Blanca an der Südspitze der Insel.
Unterschätzen sollte man diesen jedoch nicht. Und vor dem Lauf gut überlegen, welche Richtung ob des Windes einfacher zu laufen ist. Denn der Passat kann richtig eklig werden auf den langen Passagen an der Küste. Meiner Erfahrung nach ist die Richtung Nord nach Süd meistens cleverer. Windjacke und Sonnenbrille sind Pflichtausrüstung. Aus dem Hafen von Puerto del Carmen geht es über den “Catwalk” am Yachthafen auf Treppen und gepflasterte Serpentinen hoch auf die Promenade.
Es folgt ein schöner Abschnitt bis zum Yachthafen von Puerto Calero. Man bleibt immer oben auf dem Trail und durchquert mehrere “Barrancos” auf Treppen oder Trails. Weitere etwa 3,5 Km später folgt das Fischerdorf Playa Quemada. Außer ein paar Fischrestaurants am Ufer gibt es hier nichts zu sehen. Am Ende des Ortes wartet der Einstieg auf den Trail in Form einer “Wanderkarte”. Auf dieser ist aber nichts mehr zu erkennen. Es geht recht steil hoch zum ersten Aussichtspunkt. Wanderer trifft man ab hier kaum noch. Nicht verwunderlich, denn der nächste Verpflegungspunkt ist gute 15 Km entfernt.
Nach einem recht steilen Abstieg zum Playa La Casa kann man den “geheimen Garten” am Ufer bewundern. Es gibt geführte Wanderungen bis hierhin. Man muss nun den Barranco ein ganzes Stück reinlaufen, da es an der Küste keinen direkten Weg mehr gibt. Das heißt, gute 3 Km gegen den Wind und mit viel Sand. Sicher der ödeste Teil der Route. Einige Höhenmeter und einen Barranco später landet man wieder auf dem Küstentrail.
Und so geht es immer weiter, es ist ein ganz schönes Getingel mit viel Auf und Ab. Bis auf eine kurze Kletterpassage aber immer gut laufbar. Die wunderschönen Papageien-Strände erreicht man 15 Km nach Playa Quemada. Wer sich alles geben will, läuft den Südzipfel ganz aus, man kann aber auch einen direkten Weg zum Restaurant oberhalb des Strandes einschlagen. Dort lässt es sich sehr gut entspannen und den Sonnenuntergang genießen.
Um einen Bus oder ein Taxi zu erwischen, muss man aber noch das letzte Stück bis Playa Blanca laufen. Etwa 5 Km sind es vom Papagayo Beach bis zum Busbahnhof, wovon man einen Teil auf der recht hübschen Promenade laufen kann. Ein paar Höhenmeter und eine tolle Sicht auf Playa Blanca kommen zum Finale noch dazu.
- Länge: 28-30 Km
- Höhenmeter: +800
- Schwierigkeit: leicht bis mittel
- Highlights: “Catwalk”, Geheimer Garten am La Casa Strand, Papagayo Strände
- Strava Route zum Download
Caleta de Famara – Guinate
Im Nordwesten Lanzarotes versteckt sich das idyllische Dorf Caleta de Famara. Insider:innen wissen um die sehr guten Fischrestaurants mit Meerblick. Bekannter ist der Ort aber für seinen Strand, der die Surfer in Scharen anlockt. Famara ist der Surf-Hotspot auf Lanzarote. Und Ausgangspunkt für einen spektakulären Küstentrail.
In Komoot ist der Trail gestrichelt gezeichnet. Ich traue seit meinem idiotischen Ausflug auf einen D-Klettersteig in Südtirol den Komoot-Karten nicht mehr, und hier ist das auch sehr angebracht. Hinter den “Famara Bungalows” geht es auf einem staubigen Weg hoch. Vom Strand aus kann man den Verlauf gut erkennen. Im letzten Jahr bin ich von hier den Trail etwa 500 HM zur Wetterstation hochgestiegen, diesmal bleibe ich aber auf dem Weg entlang der Küste.
Mit jedem Meter wird der Weg enger und bockiger. Einige Höhenmeter muss man gewinnen, um an der Steilküste entlang zu pirschen. Eine kritische Stelle folgt schon nach 3 Km – der Weg ist abgebrochen und man muss klettern. Mit Höhenangst würde ich spätestens hier umdrehen. Es bleibt anspruchsvoll, wirklich laufbare Passagen gibt es kaum noch, da der Weg größtenteils zugewachsen und von der Witterung zerschossen ist.
Es folgen noch so einige Passagen, die Trittsicherheit und Schwindelfreiheit erfordern. Belohnt wird man mit irren Aussichten in beide Richtungen. Zunächst auf Famara, den Nationalpark mit den Feuerbergen, dann auf die “achte” Kanareninsel La Graciosa, die Stück für Stück am Horizont auftaucht. Spektakulärer geht es wohl kaum.
Etwas knifflig wird es bei der Frage, bis wohin man denn laufen soll. Nach etwa 10 Kilometern führt der Weg wieder nach unten Richtung Wasser und wird laufbarer. Da die Sonne bereits abtauchte, nahm ich den direkten Anstieg hoch nach Guinate und Ye. Den Einstieg verpasst man sehr leicht, wenn die Route nicht auf der Uhr ist. Der Trail führt jedoch weiter zum Strand und ich bin nicht sicher, ob man an der Nordspitze rumlaufen kann. Ich vermute, es ist wie so oft auf Lanzarote: Dead End.
Einige Serpentinen und einen geschrotteten Trailschuh später -ich bin an einer Treppenstufe hängengeblieben- gelangt man zum Aussichtspunkt hinter dem Monte Corona. Hier trifft man wieder Menschen, denn den Punkt kann man mit dem Auto anfahren.
- Länge: 13-14 Km
- Höhenmeter: +650
- Schwierigkeit: schwer
- Highlights: It’s the view, baby!, Schrottauto mitten auf dem Trail
- Strava Route zum Download
Costa Teguise – Orzola
Auch die Ostküste bietet Spektakel. Auf eine sehr ruhige Art. Die Touristenhochburg -wenn man auf der beschaulichen Insel davon überhaupt sprechen kann- Costa Teguise kann man getrost knicken. Also rauf auf den Küstentrail Richtung Norden! Und immer schön daran denken: der Gegenwind ist dein Freund. Es wird einiges geboten.
Der Weg ist gut laufbar und man kommt immer mal wieder durch Zivilisation. Los Cocoteros ist der erste Meilenstein. In den bewohnten Dörfern gibt es einige sehr ruhig gelegene Ferienhäuser abseits der Bettenburgen. Dazu auch sehr schöne Meerwasser-Schwimmbäder. Denn baden entlang der rauen Küste kann man außerhalb der Ortschaften nur gelegentlich. Außer man findet zwischen Charco del Palo und Arrieta einen natürlichen Pool. Ohne Barfußschuhe sind diese aber kaum begehbar – Vorsicht!
Sehr schön ist der Küstenort Arrieta. Hier kommen auch immer wieder die Rennradler:innen auf ihren Touren über die Insel durch. Nette kleine Cafés und Restaurants laden zum Verweilen ein. Auch für einen Abstecher zum Mittagessen lohnt es sich, hier mit dem Auto anzuhalten. Weiter geht es auf sandigen Wegen zur Ortschaft Punta Mujeres. Es läuft sich bis hierhin recht flüssig von Meilenstein zu Meilenstein.
Danach wird es einsamer und der Trail führt größtenteils über das schwarze Vulkangestein. Mit einigen Kilometern in den Beinen braucht es viel Geduld und Ausdauer. Ich sag nur: gestrichelter Weg auf der Komoot-Karte. Den Touristen-Hotspot “Jameos del Agua” kann man getrost links liegen lassen und bis nach Orzola direkt am Wasser auf den Steinen trailen. Der Weg wird immer wieder mit den Meilensteinen angezeigt. Da mir die Zeit ausging, um den Nachmittagsbus in Orzola zu erwischen, lief ich die letzten 7 Kilometer auf der Straße.
- Länge: ca. 35 Km
- Höhenmeter: +380
- Schwierigkeit: leicht bis mittel
- Highlights: Meerwasserpools, Arrieta
- Strava Route zum Download
Caleta de Famara – El Golfo
An der Westküste kann man auch Richtung Süden trailen. Das ist aufgrund des Windes unbedingt empfehlenswerter als in die andere Richtung. Von dem schön laufbaren Weg ab Famara sollte man sich nicht täuschen lassen: der Trail durch den Timanfaya Nationalpark wird zum Geduldsspiel und zum Belastungstest für jeden Trailschuh.
Lockere 10 Kilometer schnupft man schnell weg, sobald man Famara verlassen hat. Ein gut befestigter Weg bringt einen nach La Santa – bekannt durch den bei Triathleten beliebten Club La Santa. Hier überwintert so mancher Profi gerne mal und schrubbt Kilometer auf dem Rennrad und im 50 Meter-Pool des Klubs. Laufen sollen sie wohl auch in der Umgebung. Aber ich habe keinen Triathleten in Laufschuhen gesehen. Im Ort sollte man seine Vorräte auffüllen, denn bis zum Ziel in El Golfo muss man damit haushalten.
Nach 15 Km wartet der Montana Bermeja, auf diesen Gipfel führt ein brutal steiler Weg hoch. Hier muss man aufpassen, dass einen der Wind nicht vom Berg fegt. Es sieht so aus, dass man auch an der Küste den Berg umklettern kann, aber probieren wollte ich es nicht. Auch beim Abstieg muss man im Vulkansand aufpassen. Und danach die Steinchen aus dem Schuh holen.
Der zweite Anstieg wartet am Eingang zum Nationalpark – “Calle Halcón de Eleonor” heißt das Segment auf Strava. 150 HM klingen nicht viel. Die Aussicht wird immer besser, der Weg allerdings nicht. Ich bin auf dem Abstieg schon im letzten Jahr von Tinajo gelaufen. Es ist ruppig, aber nachdem die Straße zur Küste überquert ist, beginnt die Show erst so richtig. Der Trail ist stellenweise durch Randsteine markiert. Man kommt aber immer wieder vom Weg ab und muss zurückklettern. Das ist kräftezehrend und es geht nur langsam voran.
Laufen kann man auf einzelnen Passagen durchaus. Aber man ist durchgängig auf dem scharfen Gestein unterwegs. Garniert mit dem einen oder anderen Höhenmeter wird das zum Geduldsspiel. Wer in El Golfo ankommt, hat 20 Kilometer brutales Terrain hinter sich. Die Cola ist wohlverdient. Der Altra Timp 3 hat den Lauf überlebt, aber die Sohle ist nicht mehr zu gebrauchen.
- Länge: ca. 42 Km
- Höhenmeter: +640
- Schwierigkeit: bis Nationalpark mittel, dann schwer
- Highlights: Montana Bermeja, Nationalpark, Klippen vor El Golfo
- Strava Route zum Download