ÖjendorferSeeMRT_5Nun war das Laufjahr für mich eigentlich richtig gut und so erfolgreich wie lange nicht. Der wiederholt gescheiterte Versuch, eine Zeit unter 3:15h auf der Marathondistanz zu erreichen, hat mich aber beschäftigt. In München war ich so gut vorbereitet und fit wie nie und trotzdem lief ich wieder deutlich an der Marke vorbei. Und habe meine Lehren daraus gezogen. Das sollte der vorerst letzte Versuch eines schnellen Straßenmarathons sein. Aber die Dinge entwickelten sich im Nachgang zum München Marathon anders als gedacht. Ich nahm erst danach richtig Fahrt auf lief Bestzeiten über 5 Km, 10 Km (2 Mal) und Halbmarathon. Woran lag das? Das ist wieder so Sache des Betrachters. Eine Lehre aus München war, dass mein Körper bei relativ hohen Temperaturen auch mit viel Wassernachschub verhältnismäßig früh auf Lebenserhaltung schaltet. Das ist nicht nur beim München Marathon zu beobachten gewesen. Ich habe in der Laufhistorie mehr als 10 Läufe entdeckt, die genau das gleiche Bild boten. Ich sollte also lange Wettkämpfe bei sommerlichen Temperaturen einfach lassen. Und dann entdeckte ich kurz vor Weihnachten den letzten Marathon in diesem Jahr im Kalender: den Öjendorfer See-Marathon in Hamburg vom 100 Marathon Club. Die Form war dermaßen gut, dass ich selbst bei einem recht lockeren Trainingslauf vor 2 Wochen noch unter meiner Bestzeit von München blieb. Wenn nun das Wetter passt und kein Wintereinbruch kommt, dann wäre es doch regelrecht blöd, es nicht zu versuchen. Diese 3:15h-Trauma hinter mir lassen. Ich ergatterte noch einen Nachrücker-Startplatz vom Organisationsteam und für gerade einmal ZEHN Euro landete mein Name auf der Starterliste.

Der Hamburger Wettergott hatte nicht nur ein Einsehen, nein, er servierte heute früh ein Traumwetter. Die Sonne zeigte sich kurz nach dem Startschuss um 9:00 und ließ den See in malerischem Licht erscheinen. Eine Runde ist 3,7 Km lang, inkl. einer Pendelstrecke nach dem Start sind 11 leicht profilierte Seerunden à 3,7 Km auf einem Schotterweg zu laufen. Schon vor dem Ende der Pendelstrecke überholte ich den 30-fachen Sieger des Laufes und beschloss, die Pace zu machen. Das war natürlich viel zu schnell, aber ich hatte zum einen das Bedürfnis, mich zügig warmzulaufen angesichts der Außentemperatur von 0 Grad und zum anderen wollte ich die Routiniers etwas beeindrucken. Heute ging es schließlich auch um Platzierungen. Das war vor dem Hintergrund der überschaubaren Teilnehmerzahl (150) und des Zeitpunkts dieses Laufs zu erwarten – viele wollten einfach einen ruhigen langen Lauf genießen. Auf der zweiten Runde war es schon vorbei mit der Führungsposition. Sven und Yacine schlossen auf und fragten ab, was ich denn so laufen möchte. Wir plauderten kurz und nach dem Anstieg zum Kiosk zog ich wieder davon. Eine dumme Entscheidung, denn wenn die beiden zusammen laufen, haben sie jederzeit bessere Karten, um mich abzufangen. Es kam dann aber anders. Ich spulte Runde für Runde ab und konnte mein Tempo von 4:15 min/Km so einigermaßen halten. Halbzeit war in etwa bei 1:31h. Ich fühlte mich weiterhin gut, aber pro Runde verlor ich nun ca. eine Sekunde pro Kilometer auf die Gesamtpace. Erst bei Km 26 nahm ich ein Powerbar Blend zu mir und nahm mir sogar die Zeit, die Verpackung in der Mülltonne zu entsorgen – Ordnung muss sein. Vielleicht war ich mir meiner Sache zu sicher. Nach Kilometer 30 hörte ich plötzlich die sich nähernden Schritte vom Yacine, der sich eine Weile weigerte vorbeizulaufen. Zu halten war er aber am Eingang der 10. Runde nicht mehr. Die letzten beiden Runden zogen sich und zogen sich. Das stärker werdende Spaziergängeraufkommen auf der Runde nervte zusätzlich, da man oft Slalom laufen musste. Ich war froh, dass endlich die Ansagemaschine (oder war es doch ein Mensch?) “Nummer 145 letzte Runde” verkündete. Nochmal den kleinen Anstieg hoch, nochmal am Glühweinkiosk vorbei und schon näherten sich wieder Schritte – ein furchtbares Geräusch! Ich wagte mich nicht umzudrehen und versuchte mich an einem Endspurt. Den 2. Platz wollte ich mir nicht auch noch nehmen lassen. Und es reichte, 20 Sekunden nach mir lief der Drittplatzierte ein, der mich für einen zu Überrundenden gehalten hatte – Glück gehabt! Die Uhr stoppte bei 3:08:31, was einer Verbesserung meiner Bestzeit um mehr als 11 Minuten gleichkommt.

Die Siegerehrung wurde dann sogleich vollzogen, was mich sehr gefreut hat. Ich musste ja schließlich gleich los. Überhaupt, die Organisation des Events war hervorragend, man merkt, dass hier erfahrene Leute am Werk sind. Kann es einen schöneren läuferischen Jahresabschluss geben? Ab sofort laufe ich nur noch Marathons bei einer Außentemperatur um den Gefrierpunkt.