Der Termin ist mittlerweile zu einer festen Größe im Terminkalender geworden: Mitte Mai geht es über die klassischen 10km über zwei Runden in den Grünauer Forst. Die Strecke ist schön im Wald gelegen, sehr flach, exakt vermessen und bietet ideale Bedingungen für schnelle Zeiten. Zudem ist die Veranstaltung liebevoll organisiert und hat den Charakter eines Volkslaufes mehr als verdient. Als “Resident” der vergangenen 4 Jahre (ich konnte bisher immer teilnehmen) gab es im Anschluß an die 5. Auflage sogar noch einen Ehrenpreis für mich. Wie schon in den vergangenen Jahren war die “Grünauer Meile”, ein Wettbewerb der Grundschulklassen, der Magnet schlechthin: mit 350 Meldungen hieß es diesmal bereits vor dem Start: AUSVERKAUFT! Beeindruckend, wie viele Schüler und Eltern hier mit großem Einsatz dabei sind und für ihre Klasse um das Preisgeld von 150,- kämpfen. Hier hat sich ein Wettbewerb etabliert, der in der Berliner Umgebung seinesgleichen sucht.
Als Ehrengast war diesmal Bernd Hübner “Hübi” zu Gast, die Berliner Lauflegende mit den meisten Berlin-Marathon-Teilnahmen. Bernd lies es sich nicht nehmen, die Siegerehrungen durchzuführen und hielt während der Veranstaltung die eine oder andere Anekdote aus seinem immensen Lauf-Fundus bereit. Auch Günther Hallas, der erste Berlin-Marathon-Sieger, war dabei und lief sogar die 5km-Strecke mit! Als wenn nicht schon diese Gäste allein großes Staunen hervorrufen würden, wurde das von der sportlichen Klasse der Läufer sogar noch überboten. Mit Paul Schmidt kam überraschenderweise auch einer, der sich im letzten halben Jahr in die deutsche Elite gelaufen hat. Mit einer Bestzeit von 29:58 von den Deutschen Meisterschaften angetreten, lief er am Nachmittag über die 5km eine 14:43 bei den Berlin-Brandenburgischen Meisterschaften, um nur 2,5h später in Grünau über die 10km am Start zu stehen. Da er sich aber “nicht 100% ausbelastet” habe bei dem vorigen Rennen, sind auch zwei Starts in so kurzer Zeit bei so leistungsstarken Läufern mal so eben machbar. Auch Jonas Engler, Sieger der letzten 4 Ausgaben im Grünauer Forst, war trotz anhaltender ISG-Probleme und einer 3-monatigen Laufpause(!) mit am Start. Jonas hat den Leistungssport mittlerweile an den Nagel hängen müssen, aber Läufer solchen Niveaus sind natürlich weiterhin dem Laufsport verbunden und auch ohne geplantes Training zu außerordentlichen Leistungen fähig.
Die Umfänge hatte ich unter der Woche ordentlich reduziert, so dass ich ausgeruht und fit an den Start gehen konnte. Nachdem es die letzten Jahre mit der Bestzeit nicht geklappt hatte, wollte ich dieses Jahr unbedingt einen neuen Anlauf nehmen. Dass Jonas ein ähnliches Tempo plante und mit mir “mitlaufen” wollte, paßte mir natürlich bestens in den Kram. Paul war schon bald nach dem Start außer Sichtweite. Dominik von der LG Nord eilte ihm hinterher. Jonas versuchte ihm zu folgen, gesellte sich dann aber nach 2km zu mir und wir liefen fortan zusammen. Hier war schon klar: mit dem Podium wird es unter den gegebenen Umständen nichts werden. Aber auch so ein 10km-Rennen ist immer für Überraschungen gut. Als wir nach der ersten Runde bei ca. 17:50min hinter dem 5km-Sieger in die Wendeschleife gingen, waren wir plötzlich hinter Paul. Wo war denn Dominik geblieben? Er kam uns dann bei km6 entgegen. Später stellte sich heraus, dass er sich bei der Schleife im hinteren Teil des Kurses vertan haben und an einer Abzweigung geradeaus gelaufen sein muss. Die Lücke zu uns konnte er nicht mehr zulaufen, das war zu dem Zeitpunkt bereits klar. Ärgerlich für ihn, da er sich bereits über 30s Vorsprung rausgelaufen hatte, die wir niemals hätten aufholen können.
Mit Jonas zusammen lief es super. Wir wechselten uns mit der Führungsarbeit ab und konnten bis auf einen Ausreißer (km6) das Tempo recht gut halten. Der Verfassung und Verletzung geschuldet, konnte Jonas natürlich nicht an seine früheren Top-Leistungen anknüpfen. Aber für mich war es “schön” zu sehen, dass auch er ordentlich kämpfen musste, um dranzubleiben. Bei km7 konnte ich eine kleine Lücke erkämpfen, die Jonas aber recht schnell wieder zulaufen konnte. Die Führung wechselte ständig, bevor es auch schon in Richtung Ziel ging. Hier spielte er seine ganze Erfahrung aus und ich konnte schlußendlich nicht mehr kontern und vorbeigehen. Vielleicht wäre es beim Kampf um Platz 3 anders gewesen! So aber liefen wir im 2s-Abstand ein und beim Blick auf die große Zieluhr wußte ich bereits, dass es diesmal zur Bestzeit gereicht hatte – und das sogar noch unter den 36min! Wow. Welch ein Rennen! Damit war ich super zufrieden. Die alte 10k-Bestzeit hatte jetzt über drei Jahre lang Bestand und endlich habe ich auch die so lange ersehnten 35min “zu stehen”. Ich bedankte mich bei Jonas für das tolle Rennen und wir sahen noch gemeinsam, wie Dominik mit 37min ins Ziel als undankbarer Vierter einlief. Paul war zu dem Zeitpunkt schon mit dem Siegerinterview fertig, er pulverisierte den bis dahin von Jonas gehaltenen Streckenrekord um bescheidene 01:36min und kam mit 30:43 ins Ziel gesprintet. Das lässt für die kommende Zeit einiges von ihm erwarten. Zeiten um die 29:30 sind für ihn mit Sicherheit möglich, immer Verletzungsfreiheit vorausgesetzt. Obendrein ist er ein sympathischer Kerl, der trotz der plötzlichen Erfolge mit beiden Beinen am Boden geblieben ist (mal abgesehen vom Laufen, da fliegt er mitunter).
Auch bei den Damen fiel der Streckenrekord: Karsta Parsiegla vom SCC Berlin lief mit 39:50 über eine Minute unter der alten Rekordzeit ein einsames Rennen und wurde insgesamt mit dem 5. Platz belohnt. Der Lauf stand schon wie in den letzten Jahren unter dem Motto “Run For Kenya”. Da die Teilnahme kostenlos ist, wird um Spenden für die Kenyan Kids Foundation von Wesley Korir gebeten. Und auch diesmal ließen sich die Läufer nicht lumpen und packten ca. 1000,- in die Spendenbox. Ein großartiges Ergebnis einer großartigen Veranstaltung, die den Namen “Volkslauf” mehr als verdient hat. Gerade auf der 5km- und 10km-Distanz hat der Lauf sicher noch einige Mitstreiter mehr verdient. Vielleicht ja im Mai 2016 zur 6. Auflage?
Fotos von Madita Schulz, Malin Winter und Hans Uhthoff, vielen Dank dafür!
1 Kommentar
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Phänomenal! Sehr schöne Bilder, die einen prima Eindruck von der Atmosphäre vermitteln. Helmut macht das immer großartig. Superlative sind erlaubt!