Azores Triangle Adventure – und was für eines

Eigentlich passte dieser Etappenlauf nicht ansatzweise in meine Saisonplanung, wenn ich überhaupt von einer seriösen Planung sprechen konnte. Dieses Jahr sollte ein Übergangsjahr werden, mit dem ZUT und dem Swissalpine kamen zwei Ultratrails eher spontan dazu. Im Hochsommer trainieren für einen Lauf Anfang Oktober – das hat bei mir noch nie gut funktioniert. Aber ich wollte unbedingt dieses Abenteuer mitlaufen, egal, in welcher Form ich bin. Und ich habe es nicht bereut, dass ich mich gleich angemeldet hatte, nachdem der Veranstalter mich netterweise auf den Anmeldestart hingewiesen hatte. Es gibt nur 90 Startplätze für diesen sehr speziellen Lauf. Für etwa 270 Euro wahrlich kein Schnäppchen. Dafür wird so einiges geboten. Das Wort Abenteuer kann man durchaus wörtlich nehmen.

Nach einem heißen Stopover in Lissabon flogen wir direkt nach Pico. Hier wollte ich mich 2 Tage akklimatisieren, bevor es an die Erstürmung des Picos ging. Wir waren auf Regen, Sturm und Kälte vorbereitet. Vor drei Jahren hatten wir die Inseln das erste Mal besucht und waren vom ruppigen und wechselhaften Wetter beeindruckt. Aber das Azoren-Hoch zeigte sich diesmal von seiner schönsten Seite und bescherte uns schwüle 28 Grad. Sicherlich besser als Regen und Wind, aber für mich nicht ganz unproblematisch, wie ich an den drei Renntagen erfahren musste.

Etappe 1: “From Vineyards to Mountain” auf Pico

Auf etwa 28 Km und 2.500 HM belief sich die Vorhersage für den Aufstieg auf Portugals höchsten Berg. Die Stimmung war bestens, als wir um 9:00 Uhr in Madalena auf die Reise geschickt wurden. Gute 15 Km ging es noch kreuz und quer unterhalb des Bergs entlang, am Anfang durch die unter UNESCO-Welterbeschutz stehenden Weinstöcke. Allein das ist spektakulär genug für einen Lauf. Der erste VP kam erst bei Km 13 auf etwa 250 Metern Höhe. Bis dahin hatten sich schon so einige verausgabt, da durfte ich nicht fehlen. Ich war auch viel zu flott unterwegs – 45 Minuten für die ersten 10 Kilometer. Das große Wandern begann ab etwa Km 16, es ging durchs Gestrüpp und nur noch nach oben. Die Hitze tat mir nicht gut und ich merkte schnell, dass ich mit dem einem Liter Wasser in den Softflasks nicht auskommen würde. Gut 20 Läufer musste ich passieren lassen, bevor es auf dem Anstieg zur Berghütte endlich kühler und nebliger wurde. Als wenn man den Hebel umlegen würde, ging es mir schlagartig besser. Bei Km 23 wartet der Checkin am Pico und endlich wieder Verpflegung. Man bekommt einen GPS-Sender, ohne den niemand auf den Berg gehen darf. “Nur noch 4 Kilometer” meinte der Gregor lässig.

Diese 4 Kilometer haben es aber in sich, denn sie bieten mehr als 1.200 Höhenmeter. Am Anfang steigt man noch locker durch große Steine, aber sehr bald wird es steil und aus den Steinblöcken wird scharfes Vulkangestein, das oft nur auf allen Vieren zu bewältigen ist. Eine irre Kletterpartie, die viel Kondition und Geduld erfordert. Der beste und schnellste Weg ist selten eindeutig auszumachen und im Nebel kann man schnell die Orientierung verlieren. Nach etwa 500 HM ist die Wolkenschicht durchstiegen und die Sonne knallt auf den Berg. Ein erhabendes Gefühl, über den Wolken zu sein. Trotzdem ging es für mich weiterhin nur sehr langsam und mit angezogener Handbremse voran. Ein paar Kletterer konnte ich bis zum Gipfel noch überholen. Der Zieleinlauf bestand aus einem Flatterband und einem Zeitnehmer mit Messgerät. Ich war heilfroh, dass ich irgendwo im Mittelfeld oben angekommen war und den Ausblick genießen konnte. Nicht zu unterschätzen ist, dass man die 4 Km wieder runterwandern muss. Auch das ist nochmal anstrengend und mit müden Beinen nicht ganz ungefährlich. So manche Passage ist leichter zu klettern als runterzugehen.

Der Pico war also in etwa 4:45h bezwungen. Mit dem Auftakt war ich absolut zufrieden, schnell noch die Massage in der Hütte mitgenommen und runter ging es mit dem Auto in die Sonne nach Madalena. Das gemeinsame Abendessen in der Sporthalle ist nicht weiter erwähnenswert, zu viel kulinarische Ansprüche darf man nicht mitbringen. Trotzdem ist es bewundernswert, wie die Einheimischen mit anpacken und sich über dieses außergewöhnliche Ereignis freuen. Wir sind durchweg herzlich empfangen worden.

Etappe 2: “Fajas Trail” auf Sao Jorge

Bereits um 8:40 Uhr legte die Fähre nach Sao Jorge ab. Heute stand der vermeintlich schönste Landschaftslauf des Abenteuers auf dem Plan. 90 Minuten Überfahrt und nochmal 90 Minuten Busfahrt zum Start zehrten an meinen Nerven. Nach dem Snack erfolgte der Start in der Mittagshitze um 12:00 Uhr. Da ahnte ich schon, dass es für mich kein guter Tag werden würde. Die Meute wetzte wie von der Tarantel gestochen den Hang zur Küste 300 Höhenmeter runter, in meinen Schuhen sammelten sich Steine und in meinem Hirn die Erkenntnis, dass ich noch sehr viel zu üben habe, was Bergablaufen angeht. Aber geschenkt, bereits auf Pico war klar geworden, dass das Gehetze auf den ersten Kilometern völlig sinnfrei ist. Später werden aus gewonnenen Sekunden verlorene Minuten (aber wem sage ich das eigentlich). Wir blieben ein Weilchen an der Küste und gingen die erste Rampe an – 500 HM wieder hoch. Es gab keinen Flecken Schatten und mein Körper schaltete direkt in den Überlebensmodus. Ich brauchte mehrere Pausen und schleppte mich im Schnecktempo voran. 25 Minuten für einen Kilometer – der erste Tod war gestorben. Mir war abwechselnd heiß und kalt, ein Zeichen für einen Hitzschlag. Ziemlich weit hinten im Feld reifte die Erkenntnis, dass es nun nur noch ums Ankommen ging. Unschöne Erinnerungen an den Pitztaler Almenweg vor einem Jahr beim TAR wurden lebendig.

Von der Schönheit der Insel bekam ich nicht viel mit, ich war sehr mit mir selbst beschäftigt. Einen Kilometer ging auf die Steine am Strand. Auch nicht so “mein” Terrain. Ich nahm alles Wasser mit, was ich finden konnte, zum Glück gab es ein paar Trinkbrunnen an der Strecke. Mir machte der zweite Anstieg große Sorgen. 700 Höhenmeter folgten noch, um über den Berg auf die andere Seite der Insel zu kommen. Zum Glück lag dieser Weg im Wald. So ging es zumindest langsam hoch, sehr langsam. Wieder hatte ich viel zu wenig Flüssigkeit dabei, das eine oder andere Hitzeopfer kreuzte meinen Weg. Ich habe ja schon so einige Anstiege in meinem Läuferleben mitgemacht, aber der eigentlich harmlose kommt sicher in die Kategorie der niemals endenden. “Henrik, wenn du die Medaille am Sonntag haben willst, musst du heute ankommen.” Also Schritt für Schritt über den Berg. Es wurde wieder laufbarer und nach dem 2. VP auf dem höchsten Punkt der Strecke hatte ich mich wieder etwas sortiert und runtergekühlt. Ein traumhafter Downhill führt auf die Nordküste zu. Endlich wieder laufen! Einige Läufer konnte ich überholen. Auf Küstenhöhe ging es allerdings nochmal 5 wellige Kilometer bis ins Ziel. Nach oben konnte ich aber keinen Schritt mehr laufen, der Kopf weigerte sich. Und so walkte ich mehrheitlich ins Ziel, das auf einer Landzunge vor der Steilküste lag.

27 Kilometer waren heute sehr, sehr lange 27 Kilometer. Nur 10 Minuten weniger als gestern hatte ich für die gleich lange Strecke mit 1.000 Höhenmetern weniger gebraucht. Aber bei einem Etappenlauf gilt es, jede Etappe zu finishen. Mund abputzen, Schuhe wechseln, duschen, ich freute mich trotzdem sehr auf das große Finale!

Etappe 3: “Volcanoes Skymarathon” auf Faial

Das Finale hielt, was es versprach. Eine betörende Strecke auf einer wunderschönen Insel. Schon der Start auf der beim letzten Vulkanausbruch 1957 entstandenen Halbinsel Capelinhos ist spektakulär. Der fast verschüttete Leuchtturm ist das Wahrzeichen. Im Besucherzentrum gab es noch ein Frühstück, bevor die Meute um 11:00 Uhr ins Rennen ging. 42,6 Km und nochmal etwa 2.000 Höhenmeter über so ziemlich alle Vulkankegel waren zu bewältigen. Die ersten beiden Gipfelchen waren schon knackig, zumal auch die Sonne wieder ihren Teil beitrug. Ein paar Federn musste ich gleich lassen, aber als es nach dem ersten VP auf die Levada ging, konnte ich 8 Kilometer schön trailen. Es war angenehm kühl und die gesamte Levada stieg nur minimal an. Zudem gab es genug Wasser.

Es folgte ein 200 HM-Anstieg zum Rand des Caldeira, der Vulkankrater. Der Kraterrundweg hat etwa 8 Kilometer, von denen wir etwa 6 mitnahmen. Sicherlich eine der spektakulärsten Wanderungen auf den Azoren. Ich fragte mich, ob es hier ein Strava-Segment gibt. Nun war der Halbmarathon geschafft. Ich plauschte mit deutschen Wanderern, die mich bereits vor 2 Tagen am Pico gesehen hatten. Gregor wartete ein Stück vor dem Parkplatz. Ich konnte ein paar Läufer einsammeln auf der Runde, was wohl am kühlenden Nebel lag. Den VP bei Km 23 nahm ich in aller Ruhe mit und dann ging es schon runter auf die Serpentinen. Der Ascheweg war mir wohlbekannt und auch hier ging es mir gut, so dass ich einige Läufer kassieren konnte, die ihre Oberschenkel wohl gern gegen meine getauscht hätten. Die schnellsten 5 Kilometer der drei Etappen standen nun auf der Uhr. Das führte leider auch dazu, dass das Rennen immer einsamer wurde. Für 10 Kilometer traf ich keinen einzigen Läufer mehr. Bis zum letzten VP bei Km 36 wurde es nochmal zääääääh und so manche Gehpause hat niemand gesehen. Geschenkt gab es nichts bis zum letzten Meter. Ein 200 HM-Anstieg ließ noch ein letztes Mal die Oberschenkel brennen, bevor Horta in Sicht kam.

Ich war nun sicher, dass ich es deutlich unter sechs Stunden schaffen würde und trabte runter in die Seglerstadt. Der Zieleinlauf nach etwa 100 Kilometern des Triangle Adventures war eine große Erleichterung. Geschafft!

Etappe 4: Fazit

Fahrt auf diese Inseln! Die Azoren sind ein Trailrunning-Paradies. Der ATA-Etappenlauf ist ein ganz besonderes Event, eine Perle im Kalender der Inselläufe. Organisatorisch hat das ATA noch Potential, aber wer hier die Perfektion eines Transalpine-Runs erwartet, ist falsch. Leider ist die Verständigung für alle nicht-portugiesisch-sprechenden Teilnehmer nicht immer ganz einfach, aber Läufer verstehen sich auch mit Händen und Füßen. Sportlich war es für mich keine Offenbarung, aber angesichts der dünnen Vorbereitung konnte ich mit Gesamtplatz 44 in etwas über 15 Stunden von 94 Finishern sehr zufrieden sein. Ich konnte viel mehr mitnehmen als eine Medaille: wir haben tolle Menschen kennengelernt und sind in einer bezaubernden Landschaft gelaufen. Wir kommen wieder.

 

Transalpine-Run im Kleinformat auf den Azoren

30-30-40, auf die einfache Formel kann man den Etappenlauf auf drei Azoreninseln bringen, der am kommenden Wochenende stattfinden wird. Am Freitag etwa 30 Km, am Samstag etwa 30 Km und zum Abschluss am Sonntag folgen nochmal mehr als 40 Km. Das ganze garniert mit einem Höhenprofil, das mir wohl die Schuhe ausziehen wird. 7.183 Höhenmeter sind auf den 3 Etappen zu überwinden, das sind mehr als auf den ersten drei Etappen des Transalpine-Runs. Das “Azores Triangle Adventure” hat es in sich.

Im Jahr 2014 habe ich den dritten Trail, den Coast-to-Coast-Trail auf Faial schon in die entgegengesetzte Richtung abgelaufen und war geflasht von der Landschaft. Es ist wie ein Rausch, über diese Insel zu laufen. Der Etappenlauf wird eine ganz andere Herausforderung. Das Teilnehmerlimit liegt bei süßen 90 Startern. Mehr sind wohl aus logistischen Gründen nicht möglich, vor allem wegen der Fährüberfahrten. Spannend dürfte das Wetter werden, mit Matsch und Wasser sollte man aber kein Problem haben, Schönwetterlaufen gibt es auf den Azoren in Herbst eher weniger.

Dem Transalpine-Run ist das Azores Triangle Adventure auch deshalb ähnlich, weil es jeden Abend eine gemeinsame Siegerehrung, eine Pastaparty und das Streckenbriefing für den nächsten Tag gibt. Die Massage nicht zu vergessen. Nur schade, dass ich keinen Teampartner habe und die 100 Km allein bewältigen muss ;). Ambititonen? Nicht wirklich. Das Training, insb. die Höhenmeter, ist in den letzten Wochen über sehr kurz gekommen. Letzer werde ich wohl nicht, Erster wohl auch nicht, wo sich die Startnummer 66 dann einsortieren wird, ist überhaupt nicht einzuschätzen. Die local heros werden sicher den Ton angeben.

Ich freue mich riesig auf das Abenteuer dieses Etappenlaufs und werde natürlich berichten, wie es mir auf den 100 Kilometern über die drei Inseln ergangen ist.

Ein verdammt langer Tag

Als ich wenige Minuten vor Mitternacht um die Zieleinlaufkurve zur Expomeloneras bog -laufen konnte man das nicht mehr nennen- waren fast 25 Stunden seit dem Start am anderen Ende der Insel vergangen. Auf keinen Fall wollte ich in die zweite Nacht laufen. Aber wie das bei einer so langen Strecke ist, der Plan ist ab einem bestimmten Punkt obsolet. Bei mir war das ziemlich genau bei Km 100, als der letzte größere Abstieg nach Ayagaures begann und bei jedem Schritt ein Stechen durch den rechten Knöchel ging. Die Sonne tauchte in dieser Stunde ab und ich musste akzeptieren, nun 25 lange Kilometer zu gehen. Um irgendwie noch ins Ziel zu kommen. Dabei lief es nur wenige Kilometer vorher noch traumhaft. Den letzten echten Anstieg hinter Tunte konnte ich sogar noch abschnittsweise hochlaufen und dabei locker 30 Plätze gutmachen. Doch unter dem Strich war ich leider zu spät dran, um der Dunkelheit noch davonlaufen zu können. Innerhalb von 10 Minuten knipste jemand das Licht aus und versetzte meinen Körper in den Schlafmodus.

Der Optimismus war groß: das Training lief wie geplant, die Form schien genau zum richtigen Zeitpunkt auf dem Höhepunkt zu sein. Das Wetter machte nicht nur dem Veranstalter etwas Sorge, aber pünktlich zum Start verzogen sich die Regenwolken über dem Norden der Insel. Es war vermessen, sich überhaupt ein Zeitziel vorzunehmen angesichts dessen, dass ich noch nie so weit gelaufen war. Mit Andreas, Senior Masters Men-Zweitplatzierter beim Transalpine-Run 2016, fuhr ich zusammen im Bus nach Agaete, das gab mir noch etwas Sicherheit. Er hatte den TGC schon mehrfach gelaufen und kannte alle kritischen Passagen. Die Stimmung war blendend, das ganze Dorf war auf den Beinen und schrie die Meute los. Auf in die Schlacht!

Genau ein Kilometer wird auf der Straße gelaufen, dann geht es 1.230 Höhenmeter hoch. Die Beine sind noch frisch, alles kein Problem. Den ersten Checkpoint bei Km 9,8 erreiche ich nach 100 Minuten deutlich vor der geplanten Zeit von zwei Stunden. Es ist zwar kalt und windig da oben, aber es regnet nicht. Es darf wieder gelaufen werden, ein paar schöne Waldwege lockern die Beine wieder auf.  Bis zur 20 Km-Marke ist es ganz gut laufbar, auch der Abstieg ist nicht zu steil. Ich bleibe aber vorsichtig und winke immer wieder Läufer vorbei. So richtig traue ich dem Braten nicht. Mit beiden Lampen (LED LENSER SEO und Kalenji Runlight) leuchte ich mir den Weg, trotzdem fühle ich mich auf den Abstiegen nie so 100%ig trittfest. Nach dem Abseilen am Wasserfall(!) ging es auf den zweiten Anstieg. Der war nicht mehr ganz so locker wie der erste. Ich versuchte mich, ständig zu konzentrieren und keinen falschen Schritt zu setzen. Wann wird es endlich hell? Bis Artenara waren 33,6 Km zu absolvieren. Als ich dort in die warme Halle einlief, war ich ziemlich platt und auch der Akku der Stirnlampe war bereits alle. Ich pausierte etwa 15 Minuten, aß Pasta und legte die Ersatzbatterien in die Lampe.

Bis zum ersten Meilenstein nach Fontanales war es nicht mehr weit. Allerdings folgte auch das einzige mir unbekannte Streckenstück. Vor allem die matschigen Downhills bereiteten mir große Schwierigkeiten. Die Pampe klebte unter dem Schuh. Ein Wunder, dass ich mich nicht ein einziges Mal hingelegt habe. Der Abstieg nach Fontanales war haarsträubend, aber ich hörte schon den Lärm des Moderators, der die Advanced-Läufer in den nächsten Minuten auf die Strecke schickte. Um Punkt 07:00 Uhr stand ich vor dem Hang und musste die etwa 500 Starter des 82 Km-Laufs passieren lassen. Ich war noch gut in der Zeit, auch wenn ich auf 7,5h spekuliert hatte. Ein etwa ein Kilometer langer Umweg hinter Artenara hatte es nicht besser gemacht: da lief eine Gruppe schön die Straße runter und ich hinterher. Und niemandem fällt die fehlende Markierung auf.

Nun wurde es hell und nach der Stärkung am Verpflegungspunkt (mal wieder Orangen) ging ich auf die mir bekannte Strecke. Leider setzte sich der Matsch fort und wir trafen auf die ganz langsamen Advanced-Teilnehmer. An die Downhill-Pace vom letzten Jahr war nicht zu denken. Nach Valleseco ging es wieder heftig hoch, um dann nach Teror runterzufliegen. War ich erleichtert, dort zum ersten Mal auf meine Crew zu treffen. Immerhin standen schon 56 Kilometer auf dem Tacho. Auch Mario und Martin traf ich hier, die gemeinsam auf der Advanced-Strecke unterwegs waren.

Nun warteten die “Treppen von Teror” auf mich – der Beginn eines 10 Km langen Anstiegs mit etwa 1.000 Höhenmetern zum Cruz de Tejeda. Auch hier hat mich vor allem der Matsch genervt, der bei jedem Schritt zusätzlich Kraft kostete. Die Stöcke waren Gold wert. Es war ein sehr harter Abschnitt, bei dem man nicht die Geduld verlieren darf. Immer wenn ich geglaubt hatte, das muss der letzte Hügel sein, tauchte der nächste am Horizont auf. Nach einer Ewigkeit tauchte endlich die Straße zum Cruz de Tejeda auf. Vorbei am traurigsten Esel der Welt, der seit Jahren dort oben für dusselige Touristen herhalten muss, passierte ich den Checkpoint nach etwas mehr als 13 Stunden. Noch war alles möglich, eine Zielzeit von 22 Stunden schien mir realistisch. Zumal nun ein toller Downhill nach Tejeda folgte. Der Weg wurde zunehmend trockener und hinter den Wolken konnte ich zum ersten Mal die Sonne sehen. Es flutschte richtig gut runter bis Tejeda. Conny und Gregor warteten mit meinen Wechselsachen am VP. Regenjacke und Mütze wurden gegen Shirt und Cap getauscht. Auch Schuhe und Socken wurden gewechselt. Ich fühlte mich schon etwas müde, aber insgesamt noch gut beisammen. Auf zum Roque Nublo!

Der Zwischenanstieg bereitete mir noch keine Probleme, aber hoch zum Wolkenfels musste ich so einige Pausen einlegen. Keine Wolke oben – es war angerichtet für die Läufer. Irgendwann war ich dann endlich an der Pendelstrecke und kletterte auf das Plateau, wo die Orgacrew mit dem Handlesegerät wartete. Ein ganzes Stück muss man dann wieder zurück und auf der anderen Seite runter. Die Fußsohlen brannten schon jetzt ziemlich heftig. Ich blieb vorsichtig, aber immer in wehmütiger Erinnerung, wie ich hier vor einem Jahr runtergefegt war. Die Crew überraschte mich am Parkplatz und motivierte mich für die letzten Meter bis Garanon. Ein psychologisch extrem wichtiger Meilenstein, denn von dort aus ist es nur noch ein Marathon. Und es war richtig hart. Die 50 Meter Höhenunterschied bis zum erlösenden Campingplatz forderten nochmal alles.

Etwa 25 Minuten investierte ich am Verpflegungspunkt. Stärkte mich mit Pasta und Kartoffeln, füllte nochmal die Blase mit Iso auf und saß einfach nur ein paar Minuten rum. Das letzte Drittel des Rennens brach nun an. Ich schleppte mich auf die Reise. Das Einkuppeln fiel immer schwerer, an Laufabschnitte von mehr als 5 Minuten war nicht mehr zu denken. Der steile Aufstieg zum höchten Punkt der Strecke mit dem Pico de las Nieves war brutal, aber nicht ganz so schlimm wie erwartet. Hier kämpfte jede/r einen Kampf mit sich selbst. Nach 17 Stunden und 10 Minuten passierte ich die Zeitbake auf 1.930 m Höhe. Den Marathon habe ich vor drei Jahren in unter 5h gelaufen – völlig utopisch. Ich versuchte in einen Rhythmus zu kommen, so richtig wollte das nicht gelingen. Es ist ein irres Streckenstück mit betörenden Aussichten. Ich kam mit abwechselndem Gehen und Laufen bis zur GC60 an der Cueva Grande ganz gut voran. Tunte war nun nur noch 6 Km entfernt. Hier wurde ich wieder mal durchgereicht – ich bewunderte die Läufer, die auf dem technischen Abschnitt vorbeiflogen. Überhaupt, hin und her ging es, so manchen Läufer habe ich 10x überholt.

In Tunte traf ich meine Crew zum letzten Mal. Die beiden sahen langsam ähnlich müde aus. Kein Wunder, waren sie auch schon seit 6 Uhr unterwegs. Die Stimmung am VP war blendend und ich war weiterhin gut beisammen. Aber es war bereits kurz vor 18 Uhr und 19 Stunden standen auf der Uhr. Die Sonne tauchte so langsam ab und ich machte mich schnell weiter, um noch so viel Tageslicht wie möglich mitzunehmen und vielleicht sogar bis Einbruch der Dunkelheit in Ayagaures zu sein. Den letzten größeren Anstieg von etwa 400 Höhenmetern flog ich förmlich hoch, überholte 30 Läufer und hatte ein regelrechtes Runners High. Konditionell konnte ich immer noch laufen, auch die Waden waren weit entfernt von Krämpfen. Die Uhr stellte auf 100 Km um -ein Bild, das ich nicht so richtig greifen konnte- und ich verspürte diesen stechenden Schmerz im Fußgelenk. Mir gelang im Walken noch das Foto von der abtauchenden Sonne und dann begann das Drama.

Es war schlagartig zappenduster und ich merkte schnell, dass ich mich für die falsche Lampe entschieden hatte. Vielleicht war es auch die bleiernde Müdigkeit, die jetzt von mir Besitz nahm. Ziemlich überrascht von diesem Tief stolperte ich den Berg runter und sah nur noch schwammig. Überhaupt, wo blieb dieses verdammte Nest Ayagaures? Ich kann mich noch erinnern, dass sehr viel Hundegebell darauf hindeutete, dass der vorletzte VP näher kam. Gute 2h 20min brauchte ich bis dahin. Ein Abschnitt, den ich im Training schon in 90 Minuten gelaufen bin. Aber wen interessierte das jetzt. Ich war fest entschlossen, nun bis zum Ende zu walken. Am VP gab es Paella und Brühe, von dem viel zu schnellen Essen wurde mir schlecht und ich fror. Die Dame fragte mich mitleidig, was sie für mich tun könnte. Ich saß etwa fünf Minuten und hätte mich gerne im Selbstmitleid ertränkt. Hochgerechnet bedeuteten 20 Km Gehen bis ins Ziel nochmal VIER lange Stunden. Ich raffte mich irgendwie auf, um nicht im Sitzen einzuschlafen.

In Schlangenlinien waberte ich die 200 Höhenmeter hoch, das war viel angenehmer als Runtergehen. Mehrmals fragten mich überholende Läufer, ob alles in Ordnung sei. Was soll man sagen? Nichts war in Ordnung, aber wem hilft diese Information? Nach 5 Km landet man im gefühlten Steinbruch. Mehrmals lief ich noch an, aber der Fuß sagte sehr deutlich NO. Im Tageslicht ist dieser Abschnitt schon eine Prüfung. Nachts und dazu gefühlt besoffen verkommt der Barranco zum Finale furioso. Und nein, trotz hunderter Stolperer, ich fiel nicht. Vielleicht hat mich das irgendwie am Leben erhalten. 6 Km vor dem Ziel verlässt man das Tal, von dem man irgendwann glaubt, es würde niemals enden. Die Lichter von Playa del Inglès zeigen sich, es geht unter der Autobahn durch. Und tatsächlich im Gehen überhole ich noch zwei Läufer. Das Rennen hat Zeitlupengeschwindigkeit erreicht, das ganze Gehetze in den ersten Stunden wirkt so lächerlich. In Parque Sur gehe ich direkt durch das Zelt, die Treppen hoch und runter in das Flussbett knallen nochmal richtig. Und zwei Kilometer vor dem Ziel beiße ich auf die Zähne und LAUFE. Um wenigstens noch vor Mitternacht anzukommen. -“Wenn du es ins Ziel bringst, dann musst du es nicht nochmal machen.”- Plötzlich sind die Schmerzen keine mehr, sogar eine kleine Gruppe von Läufern lasse ich noch stehen. Nach unfassbaren 25 Stunden IST ES PLÖTZLICH VORBEI.

So richtig freuen kann ich mich nicht, es arbeitet im Kopf. Dass es zum Ende hin so hart wird, darauf war ich nicht vorbereitet. Ich konnte im Anschluss nichts essen oder trinken, der Körper war seit Stunden im Überlebensmodus. Geduscht habe ich wohl im Sitzen und auch dabei bin ich mehrmals eingeschlafen. Ein verdammt langer Tag war das.

In Zahlen:

  • 10 Gels (Xenofit und High5)
  • 2 Riegel (Cliff)
  • 3x Pasta, 1x Paella
  • 5l Wasser, 3l Iso, 5l Cola
  • 5x Getränkewegbringen
  • 2 Paar Schuhe (Saucony Peregrine 5 und 6) und Socken
  • 2 Stunden Aufladen der Uhr (Suunto Ambit 3 Peak) im Betrieb
  • 3x Verlaufen (in der Nacht)
  • ~8.000 positive Höhenmeter
  • Platz 290 von 524
  • Nettozeit 24:53:56h

Roque Nublo, Nummer 5

Als ich im Frühjahr 2012 im Bergdorf Teror an der Strecke stand und von der Sonne gezeichnete Läuferinnen und Läufer mit merkwürdigen Trinkrucksäcken an der Verpflegungsstation beobachtete, war mir noch gar nicht bewusst, dass die schon über die halbe Insel gelaufen sind. Es war ein eher skurril anmutendes Treiben. Ich war perplex, dass die sich minutenlang hinsetzten, alles aßen, was der Stand so hergab und miteinander plauderten, als verabrede man sich zum Kaffeetrinken nach Zieleinlauf. Die ganze Komplexität des Ultratrails und des Transgrancanarias begriff ich überhaupt nicht. Aber es ging eine merkwürdige Faszination von diesem Ort aus. Ich wollte das auch.

Zum Glück war ich vernünftig genug und fing ein Jahr später mit dem Marathon an. Das war ein hartes Rennen, viel schlimmer, als ich mir das vorgestellt hatte. Im nächsten Jahr wurde die Strecke geändert und das Ziel hieß nun nicht mehr Las Palmas, sondern Meloneras. Und so blieb es erstmal beim Marathon. Zumindest bei der Distanz, die diesem halbwegs nahe kam. Erst 2015 traute ich mir nach reiflicher Überlegung zu, die “Advanced”-Strecke zu packen. Trotz schlechter Vorzeichen war es eine irre Erfahrung, bei der ich einiges an Lehrgeld auf den Trails Gran Canarias liegen ließ. Bei der Wiederholung im Vorjahr spielte ich die ganze Streckenkenntnis aus, pokerte etwas höher und wurde dafür belohnt. Und nun folgt am 25. Februar der 5. Auftritt. Und -logischerweise- muss es die Königsdistanz sein.

Die Unsicherheit ist wieder da. Zum ersten Mal liegen mehr als 100 Kilometer vor mir, zum ersten Mal die Nacht durchlaufen, zum ersten Mal die gesamte Insel überqueren. Kann das gutgehen? Natürlich kann es das. Ich habe mich ähnlich vorbereitet wie im letzten Jahr. Die Formkurve zeigt rechtzeitig nach oben. Den Umfang vom Vorjahr werde ich nicht ganz schaffen und auch die mickrigen Höhenmeter des Wintertrainings lassen nicht gerade auf rauschende Bergaufpassagen hoffen – eher auf akute Sauerstoffarmut. Aber ich setze darauf, dass die gute Streckenkenntnis bei der Einteilung helfen wird – wenn ich in einem Stück durch die Nacht komme. Es wird in jedem Fall ein Abenteuer, es wird ein Lauf, in dem die eigenen Grenzen gnadenlos sichtbar werden, es wird ein Kampf gegen sich selbst auf unvorstellbaren 8,8 vertikalen und 125 horizontalen Kilometern. But that’s exactly what we signed up for!?

Lanzarote, hach

Lanzarote ist die Sportinsel der Kanaren: nicht nur Triathleten zieht es im kalten nordeuropäischen Winter auf die Vulkaninsel, auch die Teilnehmer des RUNNING Company Lanzarote Laufcamps verbringen ein bis zwei Wochen auf der Insel. Vor einem Jahr hatte ich bereits von der Umrundung der vorgelagerten Insel La Graciosa berichtet. In diesem Jahr verzichteten wir auf den Tagesausflug – es war einfach keine Zeit. Das Team aus Cheftrainerin Bianca, Nadja, Alexandra und mir hatte die Ehre, vierzig Läuferinnen und Läufer zu betreuen, die sich auf einen Temperaturunterschied von bis zu 40 Kelvin freuten.

Die sieben Tage Laufurlaub bestehen nicht nur aus Laufen. Bei der RUNNING Company wird die Komponente “Urlaub” sehr ernst genommen. Das Maximum sind zwei Trainingseinheiten pro Tag, wobei dort nur ein Dauerlauf enthalten ist. Das Programm setzt sich also aus Technik-/Koordinationseinheiten, Stabilisierungsübungen, Tempoläufen und kurzen bis längeren Dauerläufen zusammen. Nicht zu vergessen: ein abendlicher Vortrag und die Video-Laufstilanalyse. Da ist für jeden etwas dabei. So gelingt es recht gut, die Verletzungsquote niedrig zu halten. Denn wer von uns ist schon zwei Trainingseinheiten pro Tag gewöhnt?

Die Basis in Puerto del Carmen im preisgekrönten Hotel “Las Costas” ist ein sehr guter Ausgangspunkt für läuferische Betätigung. Die Strandpromenade führt von dort mehr als 10 Km nördlich bis über die Hauptstadt Arrecife hinaus. Auch die Südrichtung hat ihren Reiz. Nach 5 Km beginnt ab Puerto Calero ein Küstentrail mit fantastischen Ausblicken. Ganz Mutige laufen diesen bis zum Leuchtturm an der Südspitze hinter Playa Blanca. Aber auch die 10 Km bis Playa Quemada haben es mit 150 Höhenmetern bereits in sich. Wer es etwas karger mag, begibt sich ins Hinterland und läuft auf schottrigen Trails zwischen Vulkankegeln. Bergziegen können z.B. den Montana Blanca (596 m) erklimmen. Die Streckenvielfalt ist vielleicht nicht so groß wie auf Teneriffa oder Gran Canaria, aber für eine Woche Laufferien ist man bestens bedient.

Mir hat es wieder einmal riesig viel Spaß gemacht und ich freue mich schon jetzt auf ein Wiedersehen mit den Lanzarote-Fans im Januar 2018!

Trailswimming auf Madeira

Im November noch eine Woche ins Warme – das ist gute Tradition bei uns. In diesem Jahr haben wir uns wieder die wunderschöne Insel Madeira ausgesucht. Trailrunner wissen, dass dort ein Paradies für uns bereitsteht. Beim letzten Aufenthalt vor drei Jahren habe ich die Insel von Süd nach Nord gequert und war beeindruckt von den Wetterkapriolen in den Bergen. Dieses Mal sollte es noch extremer kommen. Das Wetter im Winter ist gefürchtet für schnelles Umschlagen – wenn man sich denn überhaupt zu Fuß in die Berge traut. Der Eco Madeira Ultramarathon fand vom 25.-27.11. statt und es hat seinen Grund, dass die 170 Km lange Strecke fast ausschließlich an der Küste entlangführt.

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No rain – no rainbow

Den ersten Laufversuch startete ich etwas oberhalb vom nördlich gelegenen Sao Vicente. Etwa 700 Höhenmeter kletterte ich auf die Passhöhe Encumeada, von der man eigentlich einen spektakulären Blick auf die Nord- und Südküste der Insel hat. Aber nicht in dieser Woche. Stattdessen wartete ein ordentlicher Schauer mit Platzregen. Der Wanderweg auf die Hochebene Paul da Serra war leider wegen Steinschlag gesperrt, wie derzeit so einige Wege auf der Insel. So lief ich die Straße bis kurz unter der Hochebene hoch, um dann links auf einen Weg zur Südküste abzubiegen. Schon jetzt war mir klar, dass meine Ausrüstung nicht für diese Bedingungen taugte – ein dünnes Regenjäckchen und ein nicht-wasserdichter Rucksack, dazu nur leichte Handschuhe. Ich war nicht sicher, ob ich ins richtige Tal schlitterte und nahm einen schönen Singletrail, der wieder etwas in den Berg reinführte. Schön zu laufen, mir wurde langsam wieder warm, der Wind ließ nach. Bis mich ein Hagelschauer fast vom Berg fegte. Aus dem Trail wurde knietiefer Matsch und der sog. Weg war dann auch zuende. Selbst die Kühe suchten Schutz an den Felswänden. Ich musste den ganzen Weg zurücknehmen. Die beiden Kühe freuten sich über einen Gast auf dem Berg und liefen mit mir gute 2 Kilometer mit. Mir war sehr viel wohler, als ich ein erstes Haus erblickte und eine gepflasterter Weg begann. Dieser führte mich direkt runter nach Ponta do Sol, wo ich pünktlich zum Sonnenuntergang eintrudelte. Ergebnis: 22,5 Km / 1.575 HM / 2 Kg Regenwasser im Gepäck

Auf dem Abstieg Richtung Südküste

Auf dem Abstieg Richtung Südküste

Das Wetter besserte sich leider nicht und so erschien die Idee, vom Pico do Ariero zum Pico Ruivo zu trailen, ziemlich aussichtslos. Am besagten Morgen hatten wir aber Glück und der Gipfel von Madeiras dritthöchstem Berg (1.818 m) lag frei. Fünf Grad auf dem Gipfel konnten mich nicht davon abbringen, auf den Weg zu gehen. Etwa 7 Km sind bis zum Pico Ruivo zu bewältigen. Die wohl spektakulärste Wanderung der Insel mit atemberaubenden Aussichten – aber nicht im Winter. Es regnete zwar ausnahmsweise nicht, aber die tiefhängenden Wolken sonderten ausreichend Feuchtigkeit ab. Viel schneller als die hartgesottenen deutschen Wanderer mit wasserdichten Scarpa-Schuhen und Jack Wolfskin-Jacke war ich nicht wirklich. Es geht eigentlich nur auf und ab, die Treppen waren für mich wegen der Nässe eine Herausforderung. Es geht sogar durch zwei kleinere Tunnel. Stirnlampe ist Pflicht! Der Weg ist ziemlich zerlatscht, auf eine durchgehende Sicherung sollte man sich nicht verlassen. Und er ist in entgegengesetzter Richtung Teil des MIUT (nächste Ausgabe im April 2017). Ich kletterte nur bis zur Schutzhütte unterhalb des Gipfels, denn inzwischen regnete es wieder stärker. Da waren so einige Wanderer oben. Und die wollten sicher nicht den gleichen Weg zurück. Der Abstieg Richtung Santana im Nordosten war die eigentliche Herausforderung. Der Weg war nur noch ein Wasserfall. Pitsch-patsch-pitsch-patsch. Das nennt man wohl Trailswimming. Mehr als eine Stunde dauerte die Tortur, bis ich endlich auf die Levada Queimadas traf, die mich noch etwa 6 Km weiter östlich führte. Auch hier in etwa 1.000 m Höhe wanderten noch unerschrockene Urlauber durch die Wasserlandschaft. So richtig glücklich sah aber niemand aus. Und sie schauten mich alle mindestens irritiert an, als ich von Pfütze zu Pfütze sprang. War ich froh, als ich die Straße erreichte und runter nach Santana laufen konnte. Ergebnis: 19,7 Km / 505 HM / ganz viel Regen

Auf dem Pico do Ariero

Auf dem Pico do Ariero

Erst der dritte längere Lauf entschädigte für das Wetterunglück. Am letzten Urlaubstag wollte ich von Funchal nach Ponta do Sol entlang der Südküste laufen. Ganz an der Küstenlinie kann man auf Madeira selten laufen, da die Küste i.d.R. sehr schroff ist. Es gibt deshalb auch nur wenige Badestrände. Ich startete in Monte oberhalb von der Inselhauptstadt, wo die legendären Korbschlittenfahrten starten (unbedingt mitmachen!). Ein Stück weit konnte ich der Strecke des schon erwähnten Eco Madeira Ultramarathons in entgegengesetzter Richtung folgen, die netterweise ihre grünen Pfeile noch nicht entfernt hatten. Über Câmara de Lobos lief ich eine sehr schöne Strecke mit sonniger Aussicht auf dem Cabo Girão -eine der höchsten Steilküsten Europas- entlang der Levada do Norte. Die Levada führt westlich auf einer Höhe von etwa 500 m und ist wirklich gut zu laufen. Ich hätte sie etwas früher verlassen sollen, um mir den abenteuerlichen Abstieg auf den Treppen nach Ribeira Brava zu ersparen. Aber die Sonne tauchte gerade ab und so konnte ich auf einer der zahlreichen Fotostops das Spektakel noch genießen. Die letzten Kilometer führen dann durch zwei unglaublich laute Straßentunnel nach Ponta do Sol, die man wirklich nur laufen sollte, wenn es gar nicht anders geht. Ergebnis: 44,8 Km / etwa 1.000 HM (der Baro war eingefroren) / Henrik versöhnt

Auf der Levada do Norte an der Südküste

Auf der Levada do Norte an der Südküste

Madeira bietet Trailrunnern fantastische Möglichkeiten. Aber die Wege haben es in sich. Liebhaber von technischen Trails mit viel Klettern und Treppen kommen auf ihre Kosten. Im Winter kommt das unberechenbare Wetter dazu. Nasswerden ist quasi garantiert, wenn man sich jenseits der 1.000 Meter Höhe rumtreiben möchte. Ich für meinen Teil habe den MIUT erstmal weit aufgeschoben. Aber wir kommen wieder.

Obrigado, Madeira!