Chiemseeumrundung – 06Der Wecker klingelt um 06:00 Uhr, es beginnt ein hartes Ringen mit mir selbst. “Muss das wirklich sein?” – “Man kann auch mit einem Schiff den Chiemsee befahren.” – “100 Kilometer fahren für eine Laufrunde?” Letztendlich siegt die Neugier und kurz vor 7 biege ich auf die A8 Richtung Staatsgrenze. Allein die Fahrt ist schon abenteuerlich neblig, lediglich auf dem Irschenberg blitzt die Sonne und das Alpenpanorama auf – das wird toll! So denke ich jedenfalls für ein paar Minuten. Am Startpunkt beim Schiffsanleger Prien sieht es jedoch ernüchternd (neblig) aus, kein Wetter für Depressive! “Bestimmt kommt gleich die Sonne raus!” schreibe ich mir auf die imaginäre Motivationstafel und trabe los.

Chiemseeumrundung – 02Anspruchsvoll ist diese Runde nicht. Es gibt eine nennenswerte Steigung und sehr gut ausgelatschte Wald- und betonierte Radwege. Es braucht nicht unbedingt Trailschuhe. Aber genügend Wasser und Sportlernahrung sollte man im Rucksack haben, ich habe nur wenige Seecafés entdeckt, die noch geöffnet hatten. Hat man Prien erstmal verlassen, ist man schnell auf dem “Seeuferweg”, der sich (tatsächlich!) meistens am Seeufer entlangschlängelt. Bis Gstadt ist es unspektakulär, der Nebel auf dem See verhindert jeglichen Blick auf die Herreninsel, schade. Um es vorwegzunehmen, es wird auch nicht mehr spannender. Schön, dass auch auf dem Uferweg immer Ortseingangsschilder stehen. So kann man sich etwas orientieren. Über Gollenshausen geht es bis zur Halbmarathonmarke nach Seebruck, das die Nordspitze der Runde bildet. Chiemseeumrundung – 03Ich versuche zügig zu laufen, um vielleicht die 53 Km in 5 Stunden zu schaffen. Ich komme an ca. einer Million Bootsstegen vorbei. Für Freunde von Bildern “Wasser im Nebel” ein Fest. Ufernah laufe ich zum nächsten Meilenstein Chieming, das noch verschlafener daherkommt, als ich es erwartet habe. Immerhin Kilometer 28 klingelt auf der Ambit, die inzwischen nur noch wirre Autolaps ausspuckt: entweder ich laufe den Km in 5:15 oder 6:00 min. Der Nebel hat wahrscheinlich den GPS-Empfang ebenso demotiviert. Nun geht es ziemlich gerade nach Süden in Richtung Autobahn. Vorher ist noch die Mündung der Tiroler Achen zu überwinden. Ich bin ja sowas von vorbereitet und weiß, dass ich hier nicht am Ufer laufen kann. Der “Deich” beginnt ab Km 34 und zieht sich gefühlt unendlich bis zur Autobahn. Der erste Tiefpunkt ist da. Muss wohl so sein, wenn man ultra läuft! Die Autobahn ist zwar etwas beruhigend, aber die angeschlagenen “20 Km” bis Prien lassen mich doch sehr skeptisch werden.

Chiemseeumrundung – 04Ja, man sollte die Runde gegen den Uhrzeigersinn laufen, dann leidet man wenigstens auf dem schönen Uferweg. Hier führt ein Radweg direkt neben der Autobahn und als wenn das nicht fies genug ist, er steigt auch noch leicht an. Ich fluche zwar innerlich und lege eine Gehpause ein, aber komme bis zur Marathonmarke wieder in einen guten Rhythmus. Ein Stück geht es dann links von der A8 weiter, welch’ Abwechslung. Ich komme zu einem großen Gebäude, aus dem jede Menge Hundegebell ertönt. Die Pause kommt mir gerade recht und so sehe ich, dass ich vor dem Tierheim “Häuser der Hoffnung” stehe. Eine Mitarbeiterin kommt gleich raus und fragt mich, ob sie mir weiterhelfen kann. “Nein, bin gerade vorbeigelaufen und vom Hunbdegebell neugierig geworden”. Chiemseeumrundung – 05Ich schnappe mir die Broschüre und setze in Gedanken meinen Weg fort. Wie dich ein ganzes Rudel hoffnungsvoll angeschaut hat. In diesem Moment bekommt die Chiemseerunde einen Sinn. Wenn irgendwann wieder ein Hund bei uns einzieht, dann klingeln wir hier in Bernau. Die letzten 7 Kilometer gehen nun relativ gut vom Fuß. Der Radrundweg zieht eine lange 90°-Kurve und schnell bin ich auf der Straße nach Prien. Vorbei am Kletterwald und schon taucht der Riesenparkplatz des Schiffsanlegers auf. Ist da so etwas wie Endbeschleunigung? Heilfroh, dass ich es geschafft habe, suche ich einen Laden, wo ich mir eine Cola kaufen kann. Aber es hat nichts offen. Touristen rennen mich fast über den Haufen, weil gleich “das letzte Schiff” fährt. Und plötzlich bricht die Sonne durch. Gut, dass ich die Sonnenbrille auf dem Chiemseerundweg dabei hatte. Und gut, dass der Wecker heute Morgen so erbarmungslos war.

Link zum aufgezeichneten Lauf

Ausrüstung:

  • Mütze: Odlo Hat Polyknit Fan
  • Jacke: Gore Running Wear Essential Hoody
  • Langarmshirt: Nike dri-fit Longsleeve
  • Hose: Salomon S-lab Exo Short Tight
  • Socken: CEP Run Socks 2.0
  • Schuhe: Brooks PureGrit 3
  • Trinkrucksack: Salomon S-lab Advanced Skin 5
  • GPS-Uhr: Suunto Ambit 2S
  • Verpflegung: High5 EnergyGels + nu3 Energy Cakes