Lauftraining bei winterlichen Bedingungen ist eine Herausforderung. Zweistellige Minusgrade gepaart mit eisigem Ostwind und ordentlich Schnee – das hatte Berlin in der letzten Woche zu bieten. Nur die ganz Harten zogen ihr Training draußen durch und trotzten dem glatten und nicht ungefährlichen Untergrund. Erstmals in der Geschichte wurde ein Lauf der Berliner Winterlaufserie wegen Glatteis abgesagt. Was also tun, um bei dem kalten Grau-in-Grau nicht depressiv zu werden? Richtig – ab in den Süden! Ziel des kurzen, aber auch sportlichen Wochenend-Trips war Nizza, die Hauptstadt der Côte d’Azur am schönen Mittelmeer. Zusammen mit Christian hatte ich die Ehre, die Laufblog-Szene einmal aus internationaler Sicht zu betrachten und im Rahmen unseres Treffens das erste große französische 10km-Rennen des Jahres, die Nice Prom Classic, mitzuerleben.
Und das war sehr spannend. Laufblogger aus Frankreich (wenig überraschend), Italien, Portugal, Belgien, Spanien, Großbritannien und eben aus Deutschland waren vertreten. Neben den vielen interessanten Gesprächen über das Laufen, das Training, das Equipment, die Rennen (ja, Läufer unterhalten sich eben über das Laufen) hatten wir die Möglichkeit, die aktuelle Schuh-Serie des jungen französischen Herstellers Kalenji unter die Lupe zu nehmen und mit dem Entwicklungsteam Erfahrungen auszutauschen. Hier war man sehr am direkten Feedback interessiert, auch weniger positive Meinungen wurden gehört und wohlwollend aufgenommen (mich hatte z.B. der Kiprun SD 2016 nicht so begeistert). Von Läufern für Läufer – an der Entwicklung der Produkte sind Top-Ahleten wie Stéphane Diagana (Weltmeister 400m Hürden) oder Julien Bartoli (Marathon 02:12) aktiv beteiligt. Man merkt sehr deutlich, dass der direkte Draht zum Kunden eine hohe Bedeutung hat und jede auch noch so subjektive Meinung Gehör findet.
Faszinierend sind immer wieder die Erlebnisse der anderen Läufer. Bo aus Portugal berichtet bspw. mit glänzenden Augen, wie sie einen irren Trail über 4d gefinished hat – da schlägt mein Läuferherz höher und ich möchte am liebsten sofort loslaufen. Das verhindert zum Glück der gute Tropfen Wein, der vielleicht einmal zu viel in unserem Glas landet. Schließlich wollten alle am Sonntag über die 10km einen guten Jahresanfang auf die Promenade des Anglais legen. Beim Frühstück lange ich dann ordentlich zu, der zweite Kaffee bekommt mir leider überhaupt nicht, so dass ich mit einem leichten Übelkeitsgefühl zum Strand gehe. War es Samstag noch diesig und grau, hatte das Wetter zum Sonntag gedreht und es fand sich keine Wolke am Himmel! Sehr angenehme 15°C, Palmen, Strand – was soll bei diesem Setting da eigentlich noch schiefgehen? Dass der Veranstalter die Sicherheitsnadeln im Start-Paket unterschlagen hat – nur ein kleiner Minuspunkt. Auch der Toilettengang ist einfach – mobile Pissoirs sind zumindest für die Herren ein echter Vorteil, um noch rechtzeitig in den mittlerweile gut gefüllten vorderen Startblock zu kommen. Hier wird akribisch kontrolliert und einige müssen den Weg nach hinten antreten ob der fehlenden Block-Eintragung auf der Startnummer.
Mit über 9000 Läufern ist die Promenade gefüllt, als es Punkt 10 losgeht. Ich verstehe vom Sprecher so gut wie nichts, aber ein Lauf ist ein Lauf und da wird nun einmal gelaufen. Das sollte ich doch hinbekommen? Den ersten Kilometer geht es gefühlt kaum voran – dabei stand ich doch recht weit vorne? Erinnerungen an die Berliner Citynacht kommen hoch. Aber dann wird es allmählich etwas leerer und ich kann mich Schritt für Schritt nach vorne arbeiten. Nur mein Magen spielt das Spiel noch immer nicht mit. Vor meinem geistigen Auge leere ich schon den Mageninhalt bei der Wendemarke. Das bleibt mir zum Glück erspart und halbwegs kontrolliert drehe ich nach 5km und 17:58 um, immer begleitet von den “Allez, allez!”-Rufen der Zuschauer. Christian entdeckt mich kurze Zeit später tatsächlich von der anderen Seite. Das Panorama ist einzigartig und für mich auf eine gewisse Weise auch unwirklich. Am Freitag bin ich noch mit Spikes durch den Schnee gestampft, nun wird mir doch recht warm ob der strahlenden Sonne, das Meer rauscht im Hintergrund und ich mache das, was ich liebe: Laufen. Genusslaufen sieht aber anders aus, es zieht sich schließlich wie jeder 10er und ich muss ganz schön auf die Zähne beißen, um das Tempo bis ins Ziel zu halten.
Das gelingt nicht ganz, aber netto 36:19 sind jetzt nicht so übel für den Jahresanfang. Hätte ich doch…nein – ich bin voll und ganz mit mir zufrieden. Das Kalenji Blogger-Team wird sogar 4. in der Firmenwertung, da sage mal einer, Blogger sind langsam unterwegs! Auch Christian ist angetan von seiner Performance, so dass wir beide im Anschluß noch ein wenig Kraft haben, um ein paar Treppenstufen zu erklimmen und uns Nizza von oben anzuschauen. Wirklich sattsehen können wir uns nicht. Die umliegende Berglandschaft beeindruckt aus der Ferne sehr, da gibt es bestimmt sehr nette Trails zu entdecken! Was nehmen wir mit von unserem internationalen Meeting? Läufer berichten gerne über ihre Erfahrungen. Sprache, Location, Umfänge, Geschwindigkeit – das alles spielt nur eine kleine Rolle, denn eine Gemeinsamkeit verbindet: die Liebe zum Laufen, die mit den vielen unterschiedlich gearteten Blogs transportiert wird. Der Trend zur Internationalisierung ist auch mehr und mehr auf den sozialen Medien erkennbar: während auf den Blogs i.d.R. noch die Muttersprache verwendet wird, sind Bilder oft bereits mit Englisch beschrieben, so dass möglichst viele Mitstreiter erreicht werden können und die Sprachbarriere kein Hindernis mehr darstellt. Für uns Läufer gibt es schließlich keine Grenzen.
Das internationale Bloggertreffen wurde von Kalenji (Frankreich) in 2015 organisiert. Das Lauf-Equipment wurde uns im Vorfeld kostenfrei zur Verfügung gestellt.
Das nächste deutschsprachige Bloggercamp findet vom 24.-26.06.2016 im Harz statt. Ihr möchtet dabeisein? Meldet Euch!
Da hätten wir uns ja fast bei diesem Lauf getroffen, denn ich war auch angemeldet! Aus Krankheitsgründen konnte ich leider nicht teilnehmen. Aber ich bin schon einige Male in Nizza gelaufen und war erst im Dezember dort. Bin immer wieder gern dort – sowohl zum Laufen als auch zum Entspannen. Besonders schön von der Kulisse her ist der Halbmarathon von Nizza nach Monaco, an dem ich letztes Jahr teilnahm: https://laufwelt.wordpress.com/2015/02/03/wie-ich-von-nizza-nach-monaco-lief-oder-der-course-du-soleil/
Gibt aber auch keinen Ort der Welt, wo du noch nicht gelaufen bist Manu! Ja schade, dass du verhindert warst, da hast du ja richtig was verpasst am Wochenende. Eine sehr schöne Veranstaltung, die dort immer organisiert wird.
Cool. War letzten Oktober in Nizza und bin sehr angetan von der Stadt. Zu einem Lauf werde ich da auch nochmal hin. Vielleicht sogar Triathlon 🙂 bin morgens immer an der promenade gejoggt
Ja, ein nettes Fleckchen Erde. Und von Berlin ja wirklich leicht zu erreichen.
Nizza ist einfach wunderbar und trotz anfänglichem Regen, hattet ihr ja einen ganz großartigen Lauf. Was für ein schöner Einstieg in das neue Jahr.
Blogger zu treffen, ist immer großartig, wie ich finde. Aber das wissen wir ja alle schließlich nicht erst seit dem Bloggercamp. Schön, dass ihr euch so Austausch konntet.
Jawohl, Bloggertreffen fetzen! Man hat sofort ein gemeinsames Thema und muss sich nicht nur über das Wetter unterhalten 😉 In der Tat sehr spannend, was andere Blogger so treiben. Interessant ist auch, dass sich viele mittlerweile zusammentun und gemeinsam an einem Blog schreiben. Die Szene wächst zusammen.
So ein Ausflug in die Sonne kann ein richtiger Kick im Winter sein. Schöner Lauf, schönes Setting und vor allem ein guter Austausch unter internationalen Laufbloggern – Laufen verbindet, das ist doch auch eine Message des Bloggertreffens. Im nächsten Januar dann einfach wieder Nizza statt Winterlaufserie Grunewald ;).
Ich würde nicht nein sagen glaub ich.
Hach, wenn ich aktuell aus dem Fenster schaue, dann bekomme ich schon etwas Fernweh. Wir hatten echt Glück mit dem Wetter am Sonntag. War schön, Dich mal live kennengelernt zu haben. Mein Bericht ist noch nicht ganz fertig. Ich brauch etwas länger als Du. Wie beim Laufen. 😉
Schnee ist ja auch schön, aber das hat schon was, wenn man im T-Shirt die Promenade langflanieren kann 🙂 war ein echt cooles Wochenende mit vielen neuen Gesichtern. Glaube, wir haben uns ganz gut verkauft. Das Ganze toppen wir natürlich im Sommer. Wir sehen uns auf dem Brocken!
Mein Bericht ist nun endlich online. Nach den technischen Problemen mit meinem Blog hat es leider etwas gedauert. Aber vielleicht ist das in der M40 normal. 😉
http://www.brennr.de/2016/02/17/promclassic-nizza-kalenji-blog-camp/
Bin schon gespannt Christian!
Schöne Aktion, aber ich kann mir vorstellen, so einfach mal 10-20 Grad Temperaturunterschied überbrücken und dann einen Wettkampf laufen ist nicht so ganz einfach, oder?
Mit dem Temperaturunterschied hatte ich jetzt keine Schwierigkeiten, es war ja jetzt nicht heiß, sondern einfach nur angenehm und damit beste Bedingungen für einen Wettkampf. Der Schock war eher umso größer, als ich Sonntag Abend wieder in Berlin ankam und mich schonmal auf eine schneereiche Woche einstellen musste.
Kann mir gut vorstellen, dass das französische Mittelmeerwetter um einiges angenehmer war, als das deutsche Winterwetter! Eis und Schnee waren nicht besonders motivierend …
Hört sich nach einem erfolgreichen und interessanten Trip an!
Klar, das Laufen ist schon eine andere Nummer bei 15° statt der nervigen Rutschpartie auf Schnee und Eis. Wobei ich auch schnell merke, dass warme Temperaturen unter Wettkampfbedingungen gar nicht meine sind. 5°-10° sind eigentlich ideal, um fix zu laufen.